Die Themen in diesem Monat:
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
Folgen eines Rangrücktritts mit Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen
Sieht eine Rangrücktrittserklärung die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen Gewinnen und Einnahmen vor, sondern auch aus “sonstigem freien Vermögen”, löst dies kein Passivierungsverbot aus. Das gilt selbst dann, wenn der Schuldner aufgrund einer fehlenden Geschäftstätigkeit nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu schaffen, und eine tatsächliche Belastung voraussichtlich nicht eintreten wird.
Hintergrund
Die X-GmbH hatte ihre Geschäftstätigkeit seit 2006 weitgehend eingestellt und diese erst im Jahr 2017 wieder aufgenommen. Alleingesellschafterin ist die B-GmbH. Im Jahr 2007 verzichtete B gegenüber X, die bilanziell überschuldet war, auf Forderungen und gab zugleich eine Rangrücktrittserklärung ab. Danach waren die Forderungen nur aus sonst entstehenden Jahresüberschüssen, einem Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigenden freien Vermögen zu bedienen.
Da die X lediglich über eine geringfügige Forderung gegenüber einem Dritten verfügte und operativ nicht mehr geschäftstätig war, ging das Finanzamt davon aus, dass X durch die Forderungen der B wirtschaftlich nicht belastet war und ein Passivierungsverbot bestand.
Das Finanzgericht gab der Klage statt.
Entscheidung
Schulden sind zu passivieren, wenn der Unternehmer zu einer bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt. Keine wirtschaftliche Belastung stellt eine Verbindlichkeit dar, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden muss. Für diese Annahme genügt es indes nicht, dass der Schuldner überschuldet ist. Allein die Vermögenslosigkeit des Schuldners führt nicht dazu, dass eine rechtlich bestehende Verpflichtung auszubuchen ist.
Demnach sind die Voraussetzungen für die handelsbilanzielle Passivierung nicht entfallen. Die Forderungen der B gegenüber der X hatten am Bilanzstichtag weiterhin rechtlich Bestand. Durch die nachträgliche Vereinbarung eines Rangrücktritts wird lediglich die Rangfolge, nicht aber der Bestand der Forderung geändert. Auch die wirtschaftliche Belastung der X war am Bilanzstichtag nicht entfallen. Die Verbindlichkeit wäre nur dann auszubuchen, falls eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegen eine Inanspruchnahme spräche.
Diese Voraussetzung ist bei Vermögenslosigkeit indes nicht gegeben, sodass auch im Überschuldungsfall weiterhin Fremdkapital vorliegt. Gleiches gilt für den Fall, dass – wie hier – eine Rangrücktrittsvereinbarung die Verpflichtung bestehen lässt, die Gesellschafterforderungen aus dem nach Begleichung der vorrangigen Ansprüche verbleibenden sog. freien Vermögen zu tilgen.
Das Passivierungsverbot setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen des Schuldners bezieht. Unter Einnahmen oder Gewinnen sind künftige Vermögenswerte zu verstehen. Dagegen ist das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG auf Rangrücktrittsvereinbarungen nicht anwendbar, wenn die Verbindlichkeit auch aus sonstigem Vermögen (sog. freien Vermögen) zu tilgen ist.
Davon ausgehend liegt vorliegend kein Passivierungsverbot der gegenüber B bestehenden Verbindlichkeiten vor. Ein steuerliches Passivierungsverbot ist erst dann zu bejahen, wenn der Rangrücktritt in dem Sinne spezifiziert wird, dass die Verpflichtungen nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Die Erfüllungsfähigkeit ist für die Passivierung irrelevant.
GmbH: Wann kommt eine vereinfachte Gründung in Betracht?
Soll eine GmbH im vereinfachten Verfahren gegründet werden, darf nicht vom Musterprotokoll abgewichen werden. Die Regelung zum Gründungsaufwand darf ebenfalls nicht verändert werden. Andernfalls liegt eine normale GmbH-Gründung vor.
Hintergrund
Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin gründete in der erforderlichen, notariell beurkundeten Form eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Dabei verwendete sie das Musterprotokoll für die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren. An einer Stelle, nämlich bei der Regelung zum Gründungsaufwand, wich sie jedoch vom Musterprotokoll ab. Eine vorgegebene Formulierung kürzte sie ab, was vom Registergericht beanstandet wurde.
Entscheidung
Die Beschwerde der Gesellschafterin blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht folgte der Einschätzung des Registergerichts. Durch die Streichung eines Satzteils veränderte die Gesellschafterin das Musterprotokoll der vereinfachten Gründung inhaltlich. Derartige Änderungen führen aber dazu, dass die Gründung nicht mehr als vereinfachte Gründung angesehen werden kann. Stattdessen lag eine normale Gründung vor, die alle hierfür geltenden Vorgaben erfüllen muss, z.B. die Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste. Irrelevant war, dass sich im konkreten Fall die Abänderung des Musterprotokolls auf die tatsächliche Kostenverteilung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin nicht auswirkte, da das Stammkapital über 300 EUR lag.
Grundbesitzende KG: Was gilt bei mittelbarer Anteilsvereinigung?
Für eine Anteilsvereinigung bei einer über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft vermittelten mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend, nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen.
Hintergrund
An der grundbesitzenden KG waren die B-GmbH als Kommanditistin zu 95 % beteiligt, darüber hinaus die G-GmbH als Kommanditistin zu 5 % und die A-GmbH als Komplementärin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. An der A-GmbH war mit 100 % die V-GmbH beteiligt. Die X-GmbH war mit 100 % an der B-GmbH beteiligt.
Im Jahr 2011 verkaufte die V-GmbH ihre 100 % Anteile an der A-GmbH an die X-GmbH. Die G-GmbH verkaufte ihre 5-prozentige KG-Beteiligung an die B-GmbH.
Somit waren an der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen die A-GmbH als Komplementärin und als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftsvermögen die B-GmbH beteiligt.
Die X-GmbH war sowohl an der B-GmbH als auch an der A-GmbH zu 100 % und damit mittelbar an der KG beteiligt.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die X-GmbH mit dem Hinzuerwerb der 5 %-Beteiligung an der KG durch die B-GmbH und durch den Erwerb der Anteile an der A-GmbH mittelbar alle Anteile an der KG erworben hatte. Damit erfüllte sie den Tatbestand der Anteilsvereinigung.
Dem folgte das Finanzgericht.
Entscheidung
Bei einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft liegt ein mittelbarer Anteilserwerb vor, wenn der Anteilserwerber sowohl bei der Zwischengesellschaft als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen kann. Der Anteilserwerber muss mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft halten und diese muss ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sein. Bei dieser Quote geht das Gesetz typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber in erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen.
Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Frage, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden, bei der zwischengeschalteten Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend.
Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die Möglichkeit für den Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch für nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.
Das Gleiche gilt, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet ist.
Der Gesellschafter, der am Gesellschaftskapital der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft mindestens 95 % der Anteile innehat, kann seinen Willen in der Kapitalgesellschaft durchsetzen. Diese Möglichkeit hat er auch in der nachgeordneten grundbesitzende Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen grundbesitzenden Personengesellschaften ist unmittelbar der Kapitalgesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.
Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr steuerbar.
Im vorliegenden Fall war die X-GmbH bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100-prozentige Beteiligung an der zwischengeschalteten B-GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt.
Der mittelbaren Beteiligung der X-GmbH an der KG in Höhe von mindestens 95 % steht nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die A-GmbH bzw. mittelbar die V-GmbH als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.
Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor?
Diese Frage stellte sich auch im Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Dieses entschied: Keine Voraussetzung für die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.
Hintergrund
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (KG). Gesellschafter der KG waren im Jahr 2010 die A Maschinenbau Verwaltungs-GmbH als Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil (Komplementär-GmbH) sowie die beiden Kommanditisten VA mit einem Kapitalanteil von 80 % und dessen Sohn SA von 20 %. Mit Beschluss zum 31.12.2011 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Über das Vermögen des VA wurde am 16.11.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die in Liquidation befindliche KG gab am 29.12.2015 eine korrigierte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 ab, in der sie keine Umsätze mehr erklärte.
Der Kläger berief sich auf das Bestehen einer Organschaft zwischen VA als Organträger und der KG als Organgesellschaft. Das Finanzamt lehnte dies ab, da neben VA auch sein Sohn SA an der KG beteiligt war und diese deshalb nicht Organgesellschaft sein konnte. Der Annahme einer Organschaft stand auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen, da der Kläger sich erst Ende 2015 auf eine Organschaft berufen hatte. Das Finanzamt hatte damit keine Möglichkeit mehr, vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 VA zum Verfahren hinzuzuziehen. Die Steuerforderung konnte beim vermeintlichen Organträger nicht mehr realisiert werden.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Eine GmbH & Co. KG kann – wie vorliegend – unter das Tatbestandsmerkmal “juristische Person” i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gefasst werden. Die hier streitige finanzielle Eingliederung setzt lediglich voraus, dass der Organträger seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Personengesellschaften nur dann von der Organschaft ausgeschlossen werden, wenn dies zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist. Dafür bestanden hier keine Anhaltspunkte.
Ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge der Verwirkung lag ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er die Geltendmachung der Organschaft bewusst hinausgezögert hatte.
Kapitalanlage & Versicherung
Wann eine Bank für die Kunden steuerlich in Haftung genommen werden kann
Kann ein Kreditinstitut weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen, wenn dieser die Kreditlinie überschritten hat, gelten eingehende Zahlungen als durch die Bank vereinnahmt. Dies kann zu einer Haftung nach § 13c UStG führen.
Hintergrund
Die insolvente D-GmbH unterhielt bei der Klägerin, der A-Bank, 3 Kontokorrentkonten und ein Avalkonto. Die Bruttoforderungen aus verschiedenen Ausgangsrechnungen aus dem Haftungszeitraum hatte die D-GmbH einzeln an die Klägerin abgetreten. Im Rahmen der Abtretungen waren auf dem Hauptkonto diverse Zahlungen eingegangen. Das Hauptkonto war zu dieser Zeit deutlich im Minus.
Das Finanzamt nahm die Klägerin für Steuerschulden der D-GmbH in Haftung. Es begründete dies mit der deutlich überschrittenen Kreditlinie der D-GmbH. Zudem schien die Klägerin auf die Verwendung der eingegangenen Geldbeträge Einfluss genommen zu haben. Denn die Betriebsausgaben konnten nur noch beglichen werden, wenn zuvor eine Umbuchung von Einnahmen zwischen den Konten erfolgte.
Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen den Haftungsbescheid.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass derjenige, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann. Das ist hier die Klägerin als Abtretungsempfängerin von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 13c UStG. Die Haftung greift unter weiteren Voraussetzungen u. a. dann, wenn der Abtretungsempfänger Gelder aus den abgetretenen Forderungen erhalten bzw. vereinnahmt hat.
Bei auf einem Kontokorrentkonto eingehenden Gutschriften gilt: Ist die Kreditlinie bereits überschritten und kann das Kreditinstitut weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen, ohne dass dieser einen Rechtsanspruch auf eine eigene Verfügungsbefugnis hat, so ist von einer Vereinnahmung auszugehen.
Der Gesetzeswortlaut setzt für eine Inanspruchnahme mittels Haftungsbescheid nicht voraus, dass seitens der Bank eine endgültige Vereinnahmung der Beträge erfolgt ist. Soweit die Bank nach Eingang von abgetretenen Beträgen weitere Verfügungen über das Konto – trotz der rechtlich bestehenden Möglichkeit – nicht verhindert, so ändert dies nach Auffassung des Gerichts nichts daran, dass die Beträge zunächst von der Bank vereinnahmt worden sind.
Land- und Forstwirtschaft
Zum Kiesabbau überlassene Ackerflächen und Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung
Ist bei einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche, die zum Abbau eines Bodenschatzes verpachtet ist, die Rekultivierung und die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen, verliert diese Fläche nicht ihre Zuordnung zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft.
Hintergrund
A ist Inhaberin eines Land- und Forstwirtschafts-Betriebs und Eigentümerin von Flurstücken, die früher im ursprünglichen Sinne für die Land- und Forstwirtschaft genutzt wurden. Diese überließ sie einem gewerblich tätigen Fremdunternehmer zum Abbau von Kies und Sand. Das Ausbeuterecht endete nach restloser Auskiesung und Rekultivierung, spätestens nach 30 Jahren. Danach war wieder die landwirtschaftliche Nutzung durch den Verpächter vorgesehen.
Das Finanzamt stellte für die Kiesgrube als eigene wirtschaftliche Einheit die Grundstücksart “unbebautes Grundstück” fest. A begehrte, dass die Kiesabbauflächen weiterhin dem land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zugeordnet werden. Dem entsprach das Finanzgericht, da die Nutzungsüberlassung vorübergehend und die Fortsetzung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nach der Beendigung der Abbautätigkeit beabsichtigt war.
Entscheidung
Eine zum Kiesabbau genutzte Fläche kann zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehören, wenn die Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen ist.
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Der Betrieb umfasst den Wirtschaftsteil und den Wohnteil. Zum Wirtschaftsteil gehört u. a. das Abbauland, bei dem der Abbau der Bodensubstanz gerade dem land- und forstwirtschaftlichem Betrieb dienen muss, bzw. das Wirtschaftsgut ist dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft “dauernd zu dienen bestimmt”.
Wird Grund und Boden zu nicht der Land- und Forstwirtschaft dienenden Zwecken genutzt, ohne dass ein Ende der anderweitigen Nutzung konkret absehbar ist, dient er dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr. Anders ist es, wenn von vornherein die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung geplant ist. Denn dann ist der Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft “dauernd zu dienen bestimmt”. Es reicht aus, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind.
Auch bei einer vorübergehenden anderweitigen Nutzung des Grund und Bodens ist der dauerhafte Funktionszusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht unterbrochen.
Hiervon ausgehend ist der durch die Kiesgrube in ihrer jeweiligen Ausdehnung in Anspruch genommene Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der A dauernd zu dienen bestimmt. Die Kiesgrube stellt deshalb keine selbstständige wirtschaftliche Einheit dar und ist nicht für sich zu bewerten. Der Pachtvertrag sah die Rekultivierung der Flächen nach längstens 30 Jahren, je nach Fortschreiten des Abbaus auch schon früher vor. Damit hatte sich an ihrer dauerhaften Zweckbestimmung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nichts geändert. Es handelte sich lediglich um eine vorübergehende anderweitige Nutzung, die unschädlich ist.
Private Immobilienbesitzer
Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus: Gewinnerzielungsabsicht oder Liebhaberei?
Wird eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben oder handelt es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei? Welche Punkte für die Gewinnerzielungsabsicht und welche dagegen sprechen, hat das Thüringer Finanzgericht konkretisiert. Insbesondere spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.
Hintergrund
Die Steuerpflichtige erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 kW, die Anschaffungskosten betrugen 13.904 EUR netto. Im Jahr 2013 ergab sich ein Verlust von 3.313 EUR, der größtenteils durch die Umsatzsteuer verursacht wurde. Im Jahr 2014 erwirtschaftete die Steuerpflichtige einen Gewinn von 2.716 EUR, der zum größten Teil aus einer Vorsteuererstattung resultierte. 2015 betrug der Verlust 783 EUR, im Jahr 2016 261 EUR, 2017 rund 328 EUR und 2018 rund 140 EUR. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, da steuerlich Liebhaberei vorlag. Die Anschaffung der Anlage konnte sich angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung niemals lohnen.
Entscheidung
Die Klage der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass selbst in Fällen, in denen die Ergebnisprognose negativ ist, eine Liebhaberei nur in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Steuerpflichtige nicht wie ein Gewerbetreibender verhält, z. B. wenn die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der allgemeinen Lebensführung und persönlichen Neigungen liegenden Gründen ausgeübt wird.
Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Die Steuerpflichtige verhielt sich wie eine Gewerbetreibende, indem sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles unternommen hatte, um die Verluste gering zu halten.
Hierfür sprach, dass keine Kosten der allgemeinen Lebenshaltung in den betrieblichen Bereich verlagert wurden, alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft wurden und überdies eine Erweiterung der Anlage um 1,3 kW sowie perspektivisch der Wechsel in die Kleinunternehmerregelung geplant war. Sie reagierte also auf die Verlustsituation, indem sie entsprechend gegensteuerte. Deshalb ging das Gericht von einer Gewinnerzielungsabsicht aus und berücksichtigte die Verluste.
Vermietete Eigentumswohnung: Wie wird der Kaufpreis bei Erwerb durch Grundstücksgemeinschaft aufgeteilt?
Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde. Der Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kommt insoweit keine Bindungswirkung zu.
Hintergrund
Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb im Jahr 2017 eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Kaufpreis betrug nach dem Kaufvertrag 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.000 EUR.
In ihrer Feststellungserklärung berücksichtigte G die AfA-Bemessungsgrundlage mit 96.547 EUR, das entspricht 20.000/110.000 = 81,81 % des Gesamtkaufpreises.
Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Gebäudeanteil von nur 30,9 % und damit eine AfA-Bemessungsgrundlage von 36.463 EUR. Dabei legte sie die vom BMF im Internet bereitgestellten “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) zugrunde.
Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den realen Wertverhältnissen entsprach. Seiner Ansicht nach war die Arbeitshilfe des BMF grundsätzlich eine geeignete Schätzungshilfe.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn eine Korrektur der vertraglichen Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn sie die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Das bedeutet: Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde oder ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.
Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten ist grundsätzlich ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung die Werte nicht angemessen wiedergibt. Das Finanzgericht hat anhand der Gesamtumstände zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen (Ausstattungsmerkmale, Nutzbarkeit, Straßenlärm, soziale Einrichtungen usw.). Kann die vertragliche Aufteilung nicht zugrunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten zu ersetzen. Diese Situation lag hier vor. Denn der vertraglich ausgewiesene Kaufpreis für Grund und Boden (20.000 EUR) weicht erheblich vom Bodenrichtwert (77.713 EUR) ab. Das sind 75 %.
Das Finanzgericht durfte die vertragliche Aufteilung nicht durch die anhand der BMF-Arbeitshilfe ermittelte Aufteilung ersetzen. Denn die Arbeitshilfe genügt nicht den Anforderungen an die Methodenwahl. Es handelt sich um ein vereinfachtes Sachwertverfahren. Damit widerspricht die Arbeitshilfe schon im Ausgangspunkt der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren). Darüber hinaus weist die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, indem bei der Ermittlung des Gebäudewerts der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt bleibt.
Bei der Neubewertung ist das Finanzgericht i. d. R. gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.
Sonstige Steuern
Grunderwerbsteuer: Herabsetzung des Kaufpreises als rückwirkendes Ereignis?
Wird die Gegenleistung nachträglich herabgesetzt, handelt es sich hierbei nicht um ein rückwirkendes Ereignis. Deshalb kann eine bestandskräftig festgesetzte Grunderwerbsteuer nicht geändert werden, selbst wenn eine Anpassungsklausel vertraglich vereinbart sein sollte.
Hintergrund
Die Klägerin A erwarb im Jahr 2008 Grundstücke zum Gesamtkaufpreis von 1.003.973 EUR. A behielt sich im Kaufvertrag vor, den Kaufpreis gerichtlich zu überprüfen und einen Anspruch auf Anpassung geltend zu machen.
Im Jahr 2008 teilte der Notar dem Finanzamt mit, dass der Kaufvertrag rechtswirksam geworden ist, woraufhin das Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit 35.139 EUR entsprechend dem vertraglichen Kaufpreis (1.003.973 EUR) festsetzte. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Jahr 2015 zahlte die Verkäuferin an die Klägerin einen Betrag von 131.550,81 EUR zurück, da der Kaufpreis gerichtlich niedriger festgesetzt worden war. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Änderung des Bescheids lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht war dagegen der Ansicht, dass die Herabsetzung des Kaufpreises steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hatte und gab der Klage statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Er entschied, dass das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zutreffend nach der vereinbarten Gegenleistung in Höhe von 1.003.973 EUR festgesetzt hatte. Der Grunderwerbsteuer-Bescheid konnte nicht nachträglich geändert werden.
Ein nachträgliches Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung liegt vor, wenn es zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat, und nicht lediglich zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung des nämlichen Sachverhalts.
Dass die Herabsetzung der Gegenleistung i.S.v. § 16 Abs. 3 GrEStG keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses ermöglicht, folgt aus der Zusammenschau von § 16 Abs. 4 GrEStG und § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses (§ 16 Abs. 4 GrEStG).
Würde ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet (die Herabsetzung der Gegenleistung), als rückwirkendes Ereignis i.S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anerkannt, würde dadurch die Festsetzungsverjährung für die volle Zeit von 4 Jahren erneut eröffnet. Damit hätte § 16 Abs. 4 GrEStG keinen Anwendungsbereich. Die Regelung, wonach die Festsetzungsfrist lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet, liefe ausnahmslos leer. Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verliert, widerspricht aber der gesetzlichen Systematik und kann daher vom Gesetz nicht gewollt sein.
Es liegt zwar eine von § 16 Abs. 3 GrEStG erfasste Herabsetzung der Gegenleistung vor. Eine Änderung nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG scheidet jedoch aus, da die 2-Jahresfrist verstrichen war. Denn die Steuer war 2008 mit der Genehmigung des Vertrags entstanden, die Herabsetzung des Kaufpreises erfolgte erst 2015. Die nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung berechtigt nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG aber nur innerhalb der 2-Jahresfrist zur Steueränderung.
Grunderwerbsteuer: Ist eine Kaufpreisminderung ein rückwirkendes Ereignis?
Zahlt der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises an den Käufer zurück, stellt dies kein rückwirkendes Ereignis dar. Ist die Grunderwerbsteuer bestandskräftig festgesetzt, kann der entsprechende Bescheid aufgrund der Kaufpreisminderung also nicht geändert werden.
Hintergrund
Die Klägerin A erwarb im Jahr 2007 Grundvermögen. Das Finanzamt setzte im Jahr 2007 Grunderwerbsteuer fest. Im Jahr 2012 beantragte A die Änderung des Bescheids wegen eines rückwirkenden Ereignisses, da aufgrund eines Vergleichs der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises zurückzahlen musste.
Das Finanzamt lehnte ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ab. Auch eine Änderung nach § 16 Abs. 3 GrEStG war nicht möglich, da A den Änderungsantrag im Jahr 2012 zu spät gestellt hatte. Den Änderungsantrag hatte A erst nach Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist gestellt.
Das Finanzgericht entschied, dass der Abschluss des Vergleichs kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit darstellte, und wies die Klage ab.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin vor dem Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Ein nachträgliches Ereignis mit steuerrechtlicher Rückwirkung liegt vor, wenn es zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat. Eine lediglich veränderte rechtliche Beurteilung des nämlichen Sachverhalts genügt nicht.
Dass die Herabsetzung der Gegenleistung keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses ermöglicht, folgt aus der Zusammenschau von § 16 Abs. 4 GrEStG und § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses. Würde ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet (die Herabsetzung der Gegenleistung), als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anerkannt, würde dadurch die Festsetzungsverjährung für die volle Zeit von 4 Jahren erneut eröffnet. Damit hätte § 16 Abs. 4 GrEStG keinen Anwendungsbereich. Die Regelung, wonach die Festsetzungsfrist lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet, liefe ausnahmslos leer.
Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verliert, widerspricht der gesetzlichen Systematik und kann vom Gesetz nicht gewollt sein.
Deshalb war im vorliegenden Fall eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids nicht möglich. Die Änderung konnte auch nicht auf § 16 Abs. 3 AO gestützt werden. Denn A hat den Antrag erst 2012, d.h. nach Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist gestellt.
Keine Verrechnung positiver und negativer Kapitalkonten bei Bewertung eines KG-Anteils
Wird ein KG-Anteil für Zwecke der Erbschaftsteuer bewertet, darf ein positives Kapitalkonto des Erblassers nicht mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten saldiert werden.
Hintergrund
X ist Alleinerbin des 2014 verstorbenen Erblasser E. Dieser war Kommanditist einer KG. Weitere Kommanditisten waren A und B. Am Todestag des E war noch positives und negatives Betriebsvermögen der KG vorhanden. Das Kapitalkonto des E wies einen positiven Wert auf. Die Kapitalkonten von A und B waren negativ.
X verrechnete in der Feststellungserklärung für den geerbten KG-Anteil das positive Kapitalkonto des E mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten und ermittelte auf diese Weise einen negativen Wert.
Das Finanzamt lehnte die Verrechnung ab und stellte einen positiven Wert fest. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der gemeine Wert des Anteils an einer Personengesellschaft ist schematisch in mehreren Schritten zu ermitteln und aufzuteilen: Zunächst wird der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft insgesamt ermittelt. Anschließend wird der so ermittelte gemeine Wert auf den zu bewertenden Anteil und die übrigen Anteile aufgeteilt. Dies erfolgt dadurch, dass die Kapitalkonten den jeweiligen Gesellschaftern vorweg zuzurechnen sind.
Danach wird der verbleibende Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft und der Summe der Kapitalkonten (verbleibender Wert des Betriebsvermögens) nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt, wobei Vorabgewinnanteile nicht berücksichtigt werden.
Sodann werden für die aktiven Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens die gemeinen Werte ermittelt und den Gesellschaftern getrennt zugerechnet. Schließlich ergibt sich der Wert des Anteils aus einer Addition des ermittelten Werts des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen und des Werts des ihm zuzurechnenden Sonderbetriebsvermögens.
Dieses Aufteilungsschema gilt auch dann, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert vom gemeinen Wert abweicht. Im Einzelfall kann es zu einem positiven Wert des Anteils und daher zu einer Bereicherung bei der Erbschaftsteuer führen, auch wenn bei der Gesellschaft tatsächlich kein Vermögen mehr vorhanden ist. Das kann eintreten, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaft negativ ist und der Anteil eines Gesellschafters mit einem positiven Kapitalkonto zu bewerten ist, während die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter negativ sind. Die Vorwegzurechnung des positiven Kapitalkontos führt – wie im vorliegenden Fall – zu einem positiven Wert des Anteils, wenn der Wert des positiven Kapitalkontos den verbleibenden Wert des Betriebsvermögens übersteigt und Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens nicht zuzurechnen sind. Unerheblich ist hierbei, ob ein Auszahlungsanspruch in Höhe des positiven Kapitalkontos tatsächlich besteht oder realisiert werden kann.
Erscheint der schematisch ermittelte Wert zu hoch, kann der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts erbracht werden. Dieser kann am treffendsten aus einem zeitnahen Verkauf abgeleitet werden. Liegt ein solcher nicht vor, kann der Wert durch ein Gutachten nachgewiesen werden. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nicht vorzunehmen. Dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof schließt sich dieser Auffassung an.
Welche Erklärungspflichten hat ein Testamentsvollstrecker?
Ein Testamentsvollstrecker ist befugt, die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für ein Grundstück zu unterzeichnen. Er kann also die Feststellungserklärung für die Erben abgeben.
Hintergrund
A wurde je zu 1/4 durch B, C, D und E beerbt. Zum Nachlass gehörte eine Eigentumswohnung. Kläger K wurde zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt und verkaufte die Eigentumswohnung. Nachdem das Finanzamt die Miterben zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hatte, reichte K eine Feststellungserklärung ein und beantragte den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts. Eine umfassende Vollmacht für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Finanzamt und für Zustellungen lag vor.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Kläger nicht zur Unterzeichnung der Erklärung befugt war und verlangte eine zumindest durch einen Miterben unterschriebene Erklärung. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.
Nachdem das Finanzamt einen Grundbesitzwertbescheid erlassen hatte, in dem der Grundbesitzwert auf X EUR festgestellt worden ist, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das Finanzgericht musste nun noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass der Testamentsvollstrecker die Feststellungserklärung für den oder die Erben abgeben darf.
Dafür spricht, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner zivilrechtlichen Befugnisse gegenüber dem Steuerschuldner wie ein gesetzlicher Vertreter alle Pflichten des Steuerpflichtigen erfüllen muss, die diesem durch die Gesetze auferlegt werden. Die Finanzverwaltung hat den Testamentsvollstrecker nach der früheren Rechtslage als erklärungspflichtig behandelt und zur jetzigen Rechtslage jedenfalls keine ausdrücklich abweichende Regelung erlassen.
Da dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses und damit des Feststellungsgegenstands obliegt und er somit, im Gegensatz zu den Erben, über die für die Abgabe der Feststellungserklärung erforderlichen Informationen verfügt und darüber hinaus auch zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet ist, sprechen der Sinn und Zweck des Gesetzes ebenfalls dafür, ihn im Rahmen seiner Pflichten als gesetzlicher Vertreter bzw. Vermögensverwalter als erklärungspflichtig anzusehen.
Steuerrecht Privatvermögen
Haushaltsnahe Dienstleistungen: Fahrbahnreinigung und Werkstattleistungen nicht begünstigt
Die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus ist als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt, die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße dagegen nicht. Auch für in der Werkstatt eines Handwerkers erbrachte Leistungen gibt es die Steuerermäßigung nicht.
Hintergrund
Der Kläger machte Kosten für die Straßenreinigung (100 EUR) als haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EStG geltend. Die Straßenreinigung (Fahrbahn und Gehweg) wurde vom Land als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hatten die Anlieger zu 75 % zu tragen. Darüber hinaus begehrte der Kläger die Steuerermäßigung für Aufwendungen für Tischlerarbeiten (Lohnkosten 980 EUR) als Handwerkerleistungen. Hierbei handelte es sich um die Reparatur eines Hoftors, das vom Tischler ausgebaut, in seiner Werkstatt repariert und anschließend wieder eingebaut wurde.
Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen nicht, dagegen entschied das Finanzgericht zugunsten des Klägers.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurück.
Der Begriff der haushaltsnahen Dienstleistung wird im Gesetz nicht definiert. Der Bundesfinanzhof verlangt, dass die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, z. B. öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Auch hierbei muss es sich jedoch um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.
Davon ausgehend waren sind die Kosten des Klägers für die Reinigung des Gehwegs begünstigt. Die auf den Gehweg entfallenden Kosten sind in vollem Umfang, d. h. auch für den in öffentlichem Eigentum stehenden Gehwegbereich, begünstigt.
Bei der Reinigung der Fahrbahn handelt es sich dagegen nicht um eine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird. In Städten obliegt die Reinigung der Fahrbahn regelmäßig der Gemeinde als öffentliche Aufgabe und wird von dieser gegen Kostenbeteiligung der Anlieger im Rahmen der Daseinsvorsorge erbracht.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Entscheidend ist die tatsächliche Erbringung der Leistung. Daher ist eine Handwerkerleistung, soweit sie an einem Haushaltsgegenstand in der Werkstatt des Handwerkers erbracht wird, nicht begünstigt. Denn sie weist lediglich einen funktionalen, nicht auch einen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt auf. Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist unerheblich.
Privates Veräußerungsgeschäft: Fristbeginn bei Kaufvertrag mit einem befristeten Benennungsrecht
Wann beginnt die Frist bei einem privaten Veräußerungsgeschäft, wenn der Kaufvertrag mit einem befristeten Benennungsrecht ausgestattet ist? Zu dieser Frage hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof.
Hintergrund
Die Kläger schlossen im notariellen Vertrag v. 21.9.2000 einen Grundstückkaufvertrag über eine noch zu vermessende Teilfläche. Die Kläger verpflichteten sich in dem Vertrag, bis zum 30.6.2002 5 Käufer zu benennen, die einen bestimmten Miteigentumsanteil an dem noch zu vermessenden Grundstück erwerben.
Die Kläger benannten mit notariellem Vertrag v. 17.4.2001 3 Käufer, einen Miteigentumsanteil erwarben sie selbst. Nach dem ursprünglichen Vertrag wurden daher die Kläger Erwerber des nicht benannten Miteigentumsanteils, den sie mit notariellem Vertrag v. 6.12.2004 veräußerten. Mit notariellem Vertrag vom 25.2.2011 veräußerten die Kläger ihren ursprünglich benannten Miteigentumsanteil an die Eheleute I.
Das Finanzamt setzte für das Jahr 2011 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. je 37.975 EUR fest. Nach erfolglosem Einspruch wandten sich die Kläger an das Finanzgericht.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Erwerb mit notariellem Vertrag v. 21.9.2000 und damit außerhalb der für eine Besteuerung nach § 23 EStG bestimmten Frist von 10 Jahren erfolgte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kommt es bei der Fristberechnung auf die Vertragserklärungen beider Parteien innerhalb der Veräußerungsfrist an.
Das aufschiebende Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig, seine Bindungswirkung tritt mit dem Bedingungsfall ein, ohne dass die Willenseinigung noch Bestand haben muss. Bei so einem Rechtsgeschäft haben die Parteien keine Möglichkeit mehr, die Vertragsbeziehung einseitig zu lösen und sind zur gegenseitigen Treuepflicht verpflichtet (sog. Potestativbedingung). Lediglich dann, wenn die Wirksamkeit vom Belieben des Verpflichteten abhängig sein soll, wird keine Bedingung angenommen (sog. Wollensbildung).
Aus diesen Gründen liegt nach Ansicht des Finanzgerichts vorliegend eine Potestativbedingung vor. Zwar hatte die Klägerin die Möglichkeit, einen Käufer zu finden – sie konnte also auf das Geschehen Einfluss nehmen –, die Rechtsfolgen des Geschehens konnte sie aber nicht mehr ändern. Aus diesem Grunde war sie an den Vertrag wirksam gebunden.
Zweitstudium: Kosten eines Auslandssemesters sind abziehbar
Wer bereits eine Erstausbildung abgeschlossen hat, kann Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwand eines Auslandssemesters im Rahmen eines Zweitstudiums als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen. Fraglich ist jedoch, wo hier die erste Tätigkeitsstätte liegt.
Hintergrund
Die Klägerin hatte bereits eine Erstausbildung abgeschlossen und nahm ein Studium an einer Fachhochschule im Inland auf. Die Prüfungsordnung für diesen Studiengang sah 2 Semester an einer ausländischen Partnerhochschule sowie ein Auslandspraxissemester vor. Die Klägerin absolvierte diese in den Jahren 2014/2015. Während der Semester im Ausland blieb sie jeweils entsprechend der Studienordnung Mitglied der Fachhochschule mit allen Rechten und Pflichten. Zudem behielt sie ihren Wohnsitz in der Wohnung ihrer Eltern bei.
Die Klägerin machte für 2014/2015 die Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen während der Auslandsaufenthalte als Werbungskosten geltend.
Sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht waren der Ansicht, dass die Bildungsstätten im Ausland zu ersten Tätigkeitsstätten geworden waren und erkannten dementsprechend die geltend gemachten Aufwendungen nicht an.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass keine ersten Tätigkeitsstätten vorlagen. Die Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen während der beiden Auslandssemester und des Praxissemesters sind daher als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen. Er hob das entgegenstehende Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Aufwendungen für eine zweite Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind regelmäßig beruflich veranlasst. Dementsprechend sind sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen, die im Rahmen einer Zweitausbildung anfallen, als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Das gilt auch bei einer auswärtigen Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses.
Notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, sind Werbungskosten. Abzugsfähig sind nur Aufwendungen für eine zusätzliche (berufliche) Unterkunft. Insoweit liegt Mehraufwand vor. Der Arbeitnehmer muss folglich neben der auswärtigen Unterkunft eine andere Wohnung/Unterkunft haben. Er muss dort jedoch – anders als bei einer doppelten Haushaltsführung – weder einen eigenen Hausstand führen noch muss dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liegen. Es genügt, wenn er z.B. im Haushalt der Eltern ein Zimmer bewohnt. Entsprechend steht dem Arbeitnehmer der Abzug der Pauschale für Verpflegungsmehraufwand für die ersten 3 Monate zu.
Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses in Vollzeit aufgesucht wird Die Behandlung einer Bildungseinrichtung wie eine erste Tätigkeitsstätte ist jedoch nur insoweit gerechtfertigt, als sich ein Steuerpflichtiger in Vollzeitausbildung wie ein Arbeitnehmer, der einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist. Daran fehlt es jedoch, wenn er die Bildungseinrichtung und damit seine erste Tätigkeitsstätte vorübergehend nicht aufsucht, weil er nach der Studienordnung Ausbildungsabschnitte an einer auswärtigen Bildungseinrichtung absolviert. Durch diese Auslegung wird die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer hergestellt, der am auswärtigen Tätigkeitsort keine erste Tätigkeitsstätte begründet, wenn er dort nur vorübergehend tätig ist.
Dementsprechend steht der Klägerin der Werbungskostenabzug für die geltend gemachten Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen dem Grunde nach zu. Sie begründete an den Studienorten im Ausland keine erste Tätigkeitsstätte. Sie hielt sich dort nur vorübergehend auf und war weiterhin an der Fachhochschule im Inland eingeschrieben. Entsprechendes gilt für das Praxissemester.
Das Finanzgericht muss nun die bisher nicht festgestellten Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen der Höhe nach prüfen.
Steuerrecht Unternehmer
Beteiligung an Karussellbetrug: Was passiert mit dem Vorsteuerabzug?
Wusste der Steuerpflichtige oder hätte er wissen müssen, dass er sich mit dem Bezug von Waren an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt hat, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht.
Hintergrund
Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Firma N GmbH (Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin nahm im August 2012 den Geschäftsbetrieb auf. Als Unternehmenszweck gab sie die Analyse, das Schmelzen und den Handel von bzw. mit Hart-, Bunt- und Sondermetallen sowie Edelmetallen an und wurde ins Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren die Rechtsanwälte B und K zu je 50 %.
Das Finanzamt kürzte Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der Firma X GmbH um rund 835.000 EUR, da es der Ansicht war, dass die X GmbH als Strohmann zwischengeschaltet worden ist, um den wirklichen Lieferer zu verdecken. Konkret ging es um Silbergranulat-Lieferungen, deren Übergabe offenbar jeweils von Kofferraum zu Kofferraum stattgefunden haben soll. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Klage vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar sah es die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug grundsätzlich als erfüllt an. Insbesondere genügte der in den Rechnungen angegebene Briefkastensitz der X GmbH, der über eine Serviceagentur unterhalten wurde. Allerdings war der Vorsteuerabzug aus materiellen Gründen zu versagen. Denn die N GmbH bzw. deren Geschäftsführer mussten erkennen, dass es sich bei der X GmbH um einen klassischen sog. Buffer I im Rahmen eines Umsatzsteuerkarussellbetrugs gehandelt hat. Somit hätte die N GmbH wiederum wissen können bzw. wissen müssen, dass sie sich mit dem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war.
Bereits die Art und Weise der angeblichen Übergabe des Silbergranulats an die X GmbH (von Kofferraum zu Kofferraum) sprach gegen eine Lieferung eines Gewerbetreibenden an einen anderen.
Vor allem wegen des beruflichen Hintergrunds der Gesellschafter-Geschäftsführer der N GmbH, musste ein erhebliches Problembewusstsein im Hinblick auf den Umsatzsteuerbetrug im Edelmetallhandel bestanden haben. Erkennbar wurde dies dadurch, dass die Insolvenzschuldnerin umfangreiche Unterlagen von ihren Lieferanten, wie z.B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Umsatzsteuervoranmeldungen, angefordert hatte.
Bis zum Beginn der Geschäftsbeziehung mit der Insolvenzschuldnerin hatte die X GmbH keine Ausgangsumsätze erzielt. Danach war die Insolvenzschuldnerin die einzige Kundin. Trotz dieser Umstände wurden innerhalb von nur 5 Monaten Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR abgewickelt.
Auch bestand der einzig nachvollziehbare Grund für eine Zwischenschaltung der Insolvenzschuldnerin offenbar darin, die Herkunft der Ware zu verschleiern und einen weiteren “Buffer” (sog. Buffer II) zum Zwecke der Begehung eines Umsatzsteuerkarussellbetrugs einzuschalten.
Steuererklärung: Wann entfällt die Pflicht zur elektronischen Abgabe?
Steht der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften, ist die elektronische Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung wirtschaftlich unzumutbar.
Hintergrund
X ist als selbstständiger Physiotherapeut tätig. Bis zum Jahr 2016 erstellte er seine Einkommensteuer-Erklärungen und Gewinnermittlungen handschriftlich und wurde vom Finanzamt entsprechend veranlagt. Er besaß zwar einen PC, hatte aber keinen Internet-Anschluss. Auch die Einkommensteuer-Erklärung 2017 reichte er in Form des handschriftlich ausgefüllten amtlichen Vordrucks nebst Anlage EÜR ein. Er erklärte Einkünfte aus selbststständiger Tätigkeit von rund 14.500 EUR.
Nachdem das Finanzamt den X erfolglos zur elektronischen Erklärungsübermittlung aufgefordert und ein Zwangsgeld angedroht hatte, lehnte es den Antrag auf Befreiung von der elektronischen Einreichung ab und setzte ein Zwangsgeld von 200 EUR fest.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass bei Kleinstbetrieben die elektronische Abgabe grundsätzlich unzumutbar ist.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Die elektronische Abgabe war für X wirtschaftlich unzumutbar. Die Bescheide über die Ablehnung der Härtefallregelung und die Festsetzung des Zwangsgeldes waren deshalb aufzuheben.
Die Einkommensteuer-Erklärung ist insbesondere elektronisch einzureichen, wenn Gewinneinkünfte erzielt werden. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf die elektronische Übermittlung verzichten. Das Finanzamt muss dem Antrag entsprechen, wenn dem Steuerpflichtigen die elektronische Abgabe wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Hierbei hat das Finanzamt keinen Ermessensspielraum.
Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Installation der Einrichtungen für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.
Das bedeutet, dass allein das Fehlen der erforderlichen Technik noch keinen Anspruch auf Befreiung von der elektronischen Erklärungsabgabe begründet. Die Grenze zu einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand ist jedoch überschritten, wenn der Aufwand für die Installation in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr zu den Einkünften steht, für die die Einkommensteuer-Erklärung elektronisch zu übermitteln ist.
Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung ist grundsätzlich von der Höhe der Einkünfte unabhängig. Insbesondere “Kleinstbetriebe” sollten sich nach dem Willen des Gesetzgebers auf die Härtefallregelung berufen können. Dieser beabsichtigten Privilegierung von Kleinstbetrieben würde es widersprechen, wenn bei der wirtschaftlichen Zumutbarkeit darüber hinaus auch die mit dem Betrieb nicht in Zusammenhang stehenden allgemeinen finanziellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt würden.
Der Bundesfinanzhof verneint für die Kosten der technischen Einrichtung die vernünftige Relation zur Höhe der von X erzielten Einkünfte. Bei Einkünften von nur 14.500 EUR fallen die Kosten für die Anschaffung und Umrüstung sowie für die Pflege der Hard- und Software nicht nur unerheblich ins Gewicht.
Steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze: Muss die Vorsteuer aufgeteilt werden?
Die Vorsteuern aus Leistungen eines Insolvenzverwalters müssen nicht aufgeteilt werden. Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter im Rahmen der Unternehmensfortführung steuerfreie Leistungen erbracht hat.
Hintergrund
Der Kläger war Insolvenzverwalter der A GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin). Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden Insolvenzforderungen in einer Höhe von insgesamt rund 6,1 Mio. EUR angemeldet, die ausschließlich aufgrund der Unternehmenstätigkeit der Insolvenzschuldnerin entstanden waren.
Der Kläger führte das Unternehmen zunächst fort. In den Jahren 2005 bis 2015 erzielte er steuerpflichtige Umsätze von rund 2,3 Mio. EUR, außerdem einen steuerfreien Umsatz im Jahr 2008 i. H. v. rund 300.000 EUR durch Veräußerung eines Betriebsgrundstücks. Aufgrund dieses steuerfreien Umsatzes vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Vorsteuer aus den Rechnungen des Insolvenzverwalters i. H. v. rund 30.000 EUR nur anteilig abziehbar war.
Entscheidung
Die Klage beim Finanzgericht war erfolgreich. Zur Begründung führten die Richter aus: Der Insolvenzverwalter erbringt eine einheitliche Leistung, die mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners der Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des Insolvenzverfahrens dient. Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht dabei zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger. Auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt es danach nicht an.
Zwar ist bisher nicht geklärt, ob es für den Vorsteuerabzug auf die im Verfahren angemeldeten Forderungen auch dann ankommt, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt oder ob es in solchen Fällen zur Vorsteueraufteilung nach Maßgabe der fortgesetzten unternehmerischen Tätigkeit kommen könnte. Nach Ansicht des Gerichts spielt es vorliegend allerdings keine Rolle, dass der Kläger die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin für einen gewissen Zeitraum fortgeführt hat, da es sich bei der Veräußerung des Grundstücks lediglich um einen Verwertungsumsatz handelt, der nicht im Rahmen der Vorsteueraufteilung zu berücksichtigen ist.
Im Fall der Insolvenz einer KG sind alle geltend gemachten Insolvenzforderungen regelmäßig aufgrund der Unternehmenstätigkeit der KG entstanden, sodass in diesem Fall ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich ist. Vorliegend ließ das Gericht die Frage nach einem Vorsteueraufteilungsmaßstab dahinstehen, weil sowohl die angemeldeten bzw. festgestellten Forderungen zu 100 % unternehmerisch veranlasst waren als auch der Insolvenzverwalter zu 100 % umsatzsteuerpflichtige Umsätze getätigt hat, wenn man den Verwertungsumsatz “Grundstücksveräußerung” außen vor lässt.
Steuerhinterziehung: Kann der Vorsteuerabzug bei Fahrlässigkeit versagt werden?
Der Vorsteuerabzug kann versagt werden, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb in eine Hinterziehung von Umsatzsteuer einbezogen war. Voraussetzung hierfür ist, dass zumindest Fahrlässigkeit vorliegt.
Hintergrund
Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus Edelmetalleinkäufen. Aufgrund einer Steuerfahndung hatte sich herausgestellt, dass es sich bei den Rechnungsstellern um in ein System zur Umsatzsteuerhinterziehung einbezogene sog. Missing Trader handelte. Diese erstellten nur sog. Abdeckrechnungen über nicht erbrachte Lieferungen. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass keine Beteiligung an einem Kettenbetrugsgeschäft vorlag.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass ein Vorsteuerabzug nicht gewährt werden konnte, sich das Gericht nicht mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen konnte, dass die vermeintlichen Lieferer tatsächlich die Lieferungen getätigt hatten. Für den Vorsteuerabzug muss der Unternehmer u. a. eine ausgestellte Rechnung mit dem vollständigen Namen des Leistenden besitzen. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus – was vorliegend nicht gegeben war. Auch wurde in den Gutschriften nicht der vollständige Name des Leistenden angegeben. Darüber hinaus bestanden erhebliche Zweifel an der postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsstellers unter der angegebenen Rechnungsanschrift.
Angesichts der von der Steuerfahndung festgestellten Geschehensabläufe bestanden erhebliche Zweifel, dass die vermeintlichen “Lieferanten” des Klägers überhaupt in ausreichendem Umfang Altgold bezogen hatten, um es an den Kläger zu liefern. So hätten die vermeintlichen Lieferanten nicht wie übliche Handelsfirmen für sich geworben, hätten nur bei einem Lieferanten Altgold bezogen und auch nur an einen Abnehmer geliefert. Damit der tatsächliche Lieferer ihre Erlöse nicht der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen habe, seien von dem vermeintlichen Lieferer Abdeckrechnungen zur Verschleierung der tatsächlichen Herkunft des Edelmetalls ausgestellt worden.
Selbst wenn die Rechnungsaussteller tatsächlich an den Kläger geliefert haben sollten, steht dem Kläger das Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu, da er nach Überzeugung des Gerichts hätte wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in die insoweit von anderen begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.
Hätte der Kläger vorliegend mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt, hätten ihm Zweifel an seinen Lieferanten kommen müssen, da die Lieferanten ihn in exponentieller Art und Weise förmlich mit Altgoldlieferungen überrannten und dabei auch weite Anfahrten in Kauf nahmen, statt Scheideanstalten in räumlicher Nähe aufzusuchen. Die vermeintlichen Lieferanten erbrachten erhebliche Edelmetallmengen ohne jegliche Sicherheiten und ein vermeintlicher Lieferant betrieb zwar einen Mietwagen- und Krankenfahrdienst, lieferte aber trotzdem Altgold in erheblichem Umfang an.
Auch teilte die Creditreform dem Kläger mit, dass den vermeintlichen Lieferern Kredite abgelehnt und deshalb von einer Geschäftsverbindung abgeraten würde. Diese Information hätte dem Kläger Anlass geben müssen, zumindest weitere Erkundigungen gegenüber seinen Vorlieferanten und über die Herkunft der Edelmetalle einholen zu müssen – was aber nicht erfolgte.
Wann Zahlungen für die Vollzeitpflege eines Kindes steuerfrei sind
Zahlt ein kommerzieller privater Träger der freien Jugendhilfe Pflegeeltern ein Honorar, das in einer separaten Honorarvereinbarung festgelegt wurde, handelt es sich nicht um öffentliche Mittel. Die Zahlung ist deshalb nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
Hintergrund
Die Klägerin betreute in ihrem Haushalt ein minderjähriges Kind in Vollzeitpflege. Mit der Pflege des Kindes war ein freier Träger der Jugendhilfe, eine GmbH, von der zuständigen Kommune beauftragt worden. Diese GmbH übernahm die Betreuung von Pflegekindern und erhielt hierfür von der Kommune eine Vergütung. Die Betreuung der Pflegekinder erfolgte in professionellen Betreuungsfamilien. Die jeweiligen Pflegepersonen wurden für die GmbH freiberuflich auf Honorarbasis tätig.
Die Höhe ihrer Vergütung wurde separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt und musste vom Jugendamt nicht genehmigt werden. Die Klägerin erhielt vom Jugendamt keine Pflegeleistungen. Für das Honorar machte die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht vorlagen. Die Klägerin hatte ihr Honorar nicht aus öffentlichen Mitteln erhalten, sondern war vereinbarungsgemäß von der GmbH bezahlt worden.
Zwar können nach Verwaltungsauffassung steuerfreie Einnahmen auch dann vorliegen, wenn Leistungen an Pflegefamilien bzw. Erziehungsstellen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe gezahlt werden, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld vom örtlichen Jugendamt selbst bewilligt worden ist. Es müssen jedoch eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson bzw. Erziehungsstelle bestehen. Insbesondere muss vertraglich zwischen allen Parteien festgehalten werden, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert.
Außerdem sollte die Pflegeperson mittels einer Vollmacht erklären, dass sie damit einverstanden ist, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet, d. h. der freie Träger das Pflegegeld lediglich in Empfang nimmt und diesen auszahlt.
Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Denn die Höhe der Vergütung war separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt worden und musste nicht vom Jugendamt genehmigt werden. Außerdem hatte die GmbH keine öffentlichen Pflegeleistungen an die Steuerpflichtige weitergeleitet.
Zur Gewerblichkeit von freiberuflichen Ober- und Unter-Personengesellschaften
Verfügen neben den unmittelbar an einer Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaften über die persönliche Berufsqualifikation, erzielt die Unterpersonengesellschaft freiberufliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in der Unterpersonengesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.
Hintergrund
Die X-KG (Untergesellschaft) ist eine Steuerberater-Gesellschaft. Komplementär war im Jahr 2008 ein Berufsträger. Kommanditistin war die die C-KG (Obergesellschaft, Holding). An der C-KG waren die E-OHG sowie weitere natürliche Personen (Obergesellschafter, Berufsträger) als Komplementäre und die G+H KG als Kommanditistin beteiligt.
Die E-OHG und die G+H KG bildeten die oberste Gesellschaftsebene des S-Konzerns. Sie waren über die C-KG außer an der X-KG und an weiteren Personen- und Kapitalgesellschaften des S-Konzerns beteiligt. Gesellschafter der E-OHG und der G+H KG waren ausschließlich Berufsträger. Diese waren in den jeweiligen Obergesellschaften aktiv in die Mandatsbearbeitung eingebunden. Außerdem waren sie in den Untergesellschaften tätig, sodass dort jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt war, der nur dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde. Bei der X-KG war dies im Jahr 2008 nicht der Fall. Die Obergesellschafter nahmen innerhalb des Konzerns auch geschäftsleitende Aufgaben (Holding-Tätigkeit) wahr.
Das Finanzamt stellte für die X-KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG ausscheidet. Denn nicht alle Obergesellschafter bei der X-KG waren zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich tätig geworden.
Entscheidung
Die Revision beim Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Seiner Ansicht nach waren die Einkünfte der X-KG als gewerblich zu qualifizieren. Denn nicht sämtliche mittelbar an der X-KG beteiligten Obergesellschafter waren in der Untergesellschaft tätig.
Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Die Gesellschafter müssen an der Bearbeitung der erteilten Aufträge zumindest in der Weise mitwirken, dass sie die Aufgaben untereinander aufteilen und jeder den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich eigenverantwortlich leitet. Diesen notwendigen Arbeitsbeitrag an der Erstellung freiberuflicher Leistungen erbringt ein Gesellschafter nicht, wenn er lediglich Kapital zur Verfügung stellt oder nur Aufträge beschafft, ohne sich zumindest teilweise an den freiberuflicher Leistungen selbst zu beteiligen.
Die Prägung der freien Berufstätigkeit durch die persönliche Arbeitsleistung gilt auch, wenn sich eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt.
Dabei müssen auch alle Obergesellschafter die Voraussetzungen der Freiberuflichkeit erfüllen. Weil jeder Gesellschafter eigenverantwortlich und leitend tätig sein muss, müssen daher alle Obergesellschafter – zumindest in geringfügigem Umfang – auch in der Untergesellschaft leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.
Im vorliegenden Fall waren die Obergesellschafter im Rahmen ihrer Holding-Tätigkeit zum einen eher geschäftsleitend, aber nicht berufstypisch freiberuflich tätig. Zum anderen fehlte es an der Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter an den Mandaten der X-KG sowie an den Mandaten der anderen Untergesellschaften. Eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG wird nicht dadurch begründet, dass die Obergesellschafter in den Obergesellschaften und zumindest in einer anderen Untergesellschaft des S-Konzerns als Berufsträger leitend und eigenverantwortlich tätig wurden. Dies ersetzt nicht das Erfordernis, dass alle Obergesellschafter auch in der X-GmbH als Untergesellschaft – wenn auch nur in geringem Umfang – leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
Deshalb war die Tätigkeit der X-KG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Da eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit entfaltet, die als Ausübung eines freien Berufs angesehen werden kann, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs in eigener Person erfüllen, ist schon der Tatbestand der Freiberuflichkeit nicht erfüllt, wenn – wie hier – nicht sämtliche mittelbar beteiligten Obergesellschafter auf der Ebene der Untergesellschaft freiberuflich tätig werden.