Stand: 3. Januar 2022


 

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Newsletter für Januar 2022

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Arbeitsrecht


Kurzarbeit Null: Arbeitgeber dürfen Urlaub anteilig kürzen


Für die Monate, in denen ein Mitarbeiter sich durchgehend in “Kurzarbeit Null” befindet, erwirbt er grundsätzlich keine Urlaubsansprüche. Deshalb darf der Arbeitgeber den Jahresurlaub anteilig kürzen.


Hintergrund


Die Klägerin ist seit 2011 als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten bei einem Betrieb der Systemgastronomie beschäftigt. Sie ist in einer 3-Tage-Woche in Teilzeit tätig. Der Arbeitsvertrag sieht vor, dass ihr pro Jahr umgerechnet 14 Arbeitstage Urlaub zustehen. Im Jahr 2020 galt für sie aufgrund der Coronapandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend. Der Arbeitgeber war daher der Ansicht, dass er mit 11,5 Tagen den Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin voll erfüllt hatte. Denn in den Monaten der Kurzarbeit Null war die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet gewesen zu arbeiten, daher hatte sie nach Ansicht des Arbeitgebers auch keine Urlaubsansprüche erworben.


Die Klägerin verlangte jedoch den vollen Urlaub.


Entscheidung


Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Klägerin für die Monate Juni, Juli und Oktober, in denen sie sich durchgehend in Kurzarbeit Null befand, keine Urlaubsansprüche erworben hatte. Damit stand ihr der Jahresurlaub 2020 nur anteilig in gekürztem Umfang zu. Der Arbeitgeber war deshalb berechtigt, für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null den Urlaub um 1/12 zu kürzen. Demnach hätte er den Jahresurlaub vorliegend sogar um 3,5 Arbeitstage kürzen dürfen.


Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind nicht den Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen.


Damit verwies das Gericht auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch nicht entsteht. Das deutsche Recht enthält keine günstigere Regelung: Es existiert weder eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas Anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist Kurzarbeit Null nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. Auch der Umstand, dass der Anlass für Kurzarbeit vorliegend die Coronapandemie war, änderte nach Überzeugung des Gerichts nichts daran.


GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer


Anteilstausch: Veräußerungsverlust oder Gestaltungsmissbrauch?


Tauschen Mitgeschäftsführer ihre Anteile an einer GmbH, stellt sich die Frage, ob ein dabei entstehender Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist oder es sich um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung handelt, wenn der Kaufpreis weit unter dem ermittelten Wert liegt.


Hintergrund


Der Kläger und sein Mitgeschäftsführer waren je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt und verkauften im Jahr 2017 wechselseitig ihre Anteile. Der Veräußerungspreis sollte 12.500 EUR betragen, während die Anschaffungskosten bei 500.000 EUR lagen. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung 2017 einen Verlust aus dem Verkauf geltend, deren Ansatz das Finanzamt jedoch ablehnte. Es war der Ansicht, dass hier ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorlag. Es ermittelte den Wert der Anteile nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren mit 1.494.845 EUR. Dagegen richtet sich der Kläger mit seiner Klage.


Entscheidung


Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der geltend gemachte Veräußerungsverlust nicht anzusetzen war, da die von den Parteien gewählte, zivilrechtliche Gestaltung zu einem nicht vorgesehenen Steuervorteil kommt, da der Verkaufspreis der Geschäftsanteile erheblich unter ihrem Wert lag. Zwar stellen wechselseitige Veräußerungen von Geschäftsanteilen für sich genommen keinen Gestaltungsmissbrauch dar, jedoch erfolgte hier die Veräußerung der Geschäftsanteile zu einem Preis weit unter dem gemeinen Wert.


Aufspaltung einer Organgesellschaft: Wem ist der Übertragungsgewinn zuzurechnen?


Fällt bei der Aufspaltung einer Organgesellschaft ein Übertragungsgewinn an, ist dieser Teil des der Organträgerin zuzurechnenden Einkommens.


Hintergrund


Die A-GmbH betrieb im Jahr 2008 mehrere Einzelhandelsfilialen. Alleingesellschafterin der A-GmbH war die B-GmbH. Konzernobergesellschaft war die O-GmbH im Rahmen des C-Konzerns. Zwischen der B-GmbH und der A-GmbH bestand 2008 sowohl ein körperschaftsteuerrechtliches als auch ein gewerbesteuerrechtliches Organschaftsverhältnis, ebenso wie zwischen der B-GmbH und der O-GmbH.


Im Jahr 2009 wurde die B-GmbH mit Rückwirkung zum 31.12.2008 zur Übernahme auf mehrere Nachfolge-GmbHs aufgespalten. Eine dieser Nachfolge-GmbHs ist die N-GmbH, die die Verwaltungsaufgaben (Zentralfunktionen) für alle Nachfolge-GmbHs wahrnimmt. Alleingesellschafterin aller Nachfolge-GmbHs war fortan die B-GmbH.


Die B-GmbH schloss mit den meisten Nachfolge-GmbHs der A-GmbH Ergebnisabführungsverträge für die Dauer von mindestens 5 Jahren ab.


Im Anschluss an die Aufspaltung wurden die Anteile an einem Teil der Nachfolge-GmbHs überwiegend an selbstständige Einzelhändler des C-Verbunds veräußert. Diese GmbHs verkörpern insgesamt weniger als 20 % des ursprünglichen Vermögens der A-GmbH.


Das Finanzamt ging davon aus, dass wegen der anschließenden Veräußerung eines maßgeblichen Teils der Gesellschaftsanteile an den Nachfolge-GmbHs die beantragte Buchwertfortführung nicht möglich war. Es erließ gegenüber allen Nachfolge-GmbHs gleichlautende Gewerbesteuer-Messbescheide.


Der dagegen von der N-GmbH erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Da die 20 %-Grenze nicht überschritten war, war die Buchwertfortführung möglich gewesen. Im Übrigen wäre ein Übertragungsgewinn nicht von den Nachfolge-GmbHs, sondern von der O-GmbH als (über die B-GmbH) mittelbare Organträgerin zu versteuern.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und entschied, dass der Übertragungsgewinn von der Organträgerin zu versteuern ist.


Die Finanzverwaltung und Teile der Literatur gehen davon aus, dass bei Verschmelzung oder Aufspaltung ein steuerrechtlicher Übertragungsgewinn von der Organgesellschaft selbst zu versteuern ist. Die Organgesellschaft hatte einen Liquidationsgewinn selbst zu versteuern, weil sie keine Erwerbstätigkeit mehr ausübe.


Dem wird in der überwiegenden Literatur entgegengehalten, dass der umwandlungssteuerrechtliche Übertragungsgewinn gerade nicht nach einer Zweckänderung der Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft entsteht. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass ein Übertragungsergebnis handelsrechtlich abzuführen ist. Dies ist nach Verschmelzung oder Aufspaltung der Fall, weil der Übertragungsgewinn in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der Gewinnabführungsvertrag letztmalig abgerechnet wird. Deshalb ist steuerrechtlich eine Zurechnung an den Organträger vorzunehmen.


Der Bundesfinanzhof schließt sich der überwiegend vertretenen Literatur-Auffassung an. Der Ergebnisabführungsvertrag endet im Fall der Aufspaltung der Organgesellschaft handelsrechtlich erst mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister, sodass ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft aus einem über dem Buchwert liegenden Wertansatz der Gewinnabführungsverpflichtung nach dem Ergebnisabführungsvertrag unterliegt. Steuerrechtlich endet der Ergebnisabführungsvertrag mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, welcher dem Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz entspricht. Wegen der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz ist folglich ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft dem Organträger in vollem Umfang steuerrechtlich zuzurechnen.


Handelsregister: Zustellfähige inländische Geschäftsanschrift erforderlich


Voraussetzung für eine Handelsregistereintragung ist eine inländischen Geschäftsanschrift, an der förmliche Zustellungen möglich sind. Ist das nicht der Fall, kann die Eintragung der Gesellschaft abgelehnt werden.


Hintergrund


Eine Gesellschaft meldete ihre Ersteintragung in das Handelsregister an. Die Kostenvorschussanforderung konnte nicht an die in der Anmeldung angegebene inländische Geschäftsanschrift zugestellt werden. Das Registergericht forderte deshalb den einreichenden Notar zur Anmeldung einer Änderung der inländischen Geschäftsanschrift auf. Alternativ sollte eine Versicherung eingereicht werden, dass die Gesellschaft unter der bisherigen inländischen Geschäftsanschrift postalisch erreichbar ist. Nachdem beide Aufforderungen unbeantwortet geblieben waren, wies das Registergericht die auf Ersteintragung gerichtete Anmeldung zurück. Dagegen legte der Notar Beschwerde ein.


Entscheidung


Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das Registergericht hatte die Anmeldung auf Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu Recht zurückgewiesen. Denn die Eintragung in das Handelsregister ist nicht nur dann abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet ist, sondern auch dann, wenn die Anmeldung fehlerhaft erfolgt. Dies war hier der Fall. Es fehlte der Gesellschaft nämlich an einer zustellfähigen inländischen Geschäftsanschrift. Dies rechtfertigte die Zurückweisung der Anmeldung.


Das Registergericht ist verpflichtet, die Eintragungsvoraussetzungen vollumfänglich zu prüfen. Diese Gründungsprüfung erstreckt sich auf das Vorliegen sämtlicher gesetzlicher Eintragungsvoraussetzungen. Dabei gehört zu einer ordnungsgemäßen Anmeldung u. a. die Angabe der inländischen Geschäftsanschrift, an die förmliche Zustellungen möglich sein müssen. Denn die Pflicht zur Anmeldung der Geschäftsanschrift dient insbesondere dem Gläubigerschutz. Dadurch wird sichergestellt, dass die Gläubiger dem Handelsregister eine Anschrift entnehmen können, unter der zuverlässig wirksame Zustellungen an die Gesellschaft möglich sind. Dies setzt voraus, dass an dem bezeichneten Ort Zustellungen, insbesondere auch Ersatzzustellungen, an die Gesellschaft bewirkt werden können, etwa, weil sich dort ihr Geschäftsraum befindet. Es kann auch ausreichen, wenn dort ein gesetzlicher Vertreter oder ein Zustellungsbevollmächtigter wohnt.


Stimmt die Geschäftsanschrift nicht mit der Lage der Geschäftsräume überein, ist diese gesondert bei der Anmeldung anzugeben.


Liquidation einer GmbH: Laufender Zivilprozess steht Löschung entgegen


Solange eine in Liquidation befindliche GmbH Partei eines Rechtsstreits ist, kann die Abwicklung noch nicht beendet werden.


Hintergrund


Das Liquidationsverfahren einer GmbH, also deren Abwicklung, war bereits weitgehend abgeschlossen. Obwohl die GmbH noch Beklagte und Widerklägerin in einem Klageverfahren vor dem Landgericht war, wurde die Löschung der GmbH aus dem Handelsregister wegen Beendigung des Liquidationsverfahrens beantragt. Das Registergericht lehnte dies mit der Begründung ab, dass der anhängige Passivprozess der Löschung entgegenstand und bis zur Beendigung des Rechtsstreits die Löschung zurückgestellt werden musste. Dagegen erhob die GmbH Beschwerde.


Entscheidung


Das Kammergericht entschied, dass die Löschung einer GmbH aus dem Handelsregister im Rahmen eines Liquidationsverfahrens nicht in Betracht kommt, wenn noch Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Das ist auch dann der Fall, wenn die Gesellschaft noch Verfahrensbeteiligte in einem Passivprozess ist.


Solange eine in Liquidation befindliche Gesellschaft noch Partei eines Rechtsstreits ist, ist die Abwicklung der Gesellschaft noch nicht beendet. Das gilt vor allem dann, wenn die Gesellschaft selbst (Wider-)Klägerin ist. Dann hat sie in Form des eingeklagten Anspruchs ggf. sogar Vermögen, das zur Erfüllung von Verbindlichkeiten bzw. zur Verteilung an die Gesellschafter zu verwenden ist, um die Liquidation abzuschließen.


Darüber hinaus steht aber auch eine Beteiligung an einem Gerichtsverfahren als Beklagte wegen des fortbestehenden Abwicklungsbedarf dem Abschluss der Liquidation entgegen. Erst muss das Gerichtsverfahren beendet sein, bevor der Abschluss des Liquidationsverfahrens beim Handelsregister angemeldet werden kann.


Spende wertvoller Kunstwerke an eine Stiftung: Liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor?


Im Verhältnis zu einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft kann eine gemeinnützige Stiftung eine nahestehende Person sein. Bei den Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die Stiftung kann es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handeln.


Hintergrund


Am Stammkapital der X-GmbH waren die Eheleute B und C (neben einem Dritten) beteiligt. Im Jahr 2009 gründeten B und C als einzige Stifter eine gemeinnützige Stiftung. Deren Zweck, die Förderung von Kunst und Kultur, sollte u. a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den B und C eingebrachte Kunstsammlung gepflegt und als Dauerleihgabe einer Galerie bzw. einem Museum zur Verfügung gestellt wird.


Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist D. Weitere Vorstandsmitglieder sind die Eheleute B und C sowie die Vertreter der Museen.


Seit 2009 spendeten B und C wertvolle Kunstwerke an die Stiftung und machten diese Spenden bei ihrer Einkommensteuer-Veranlagung als Sonderausgaben geltend.


Die GmbH spendete ebenfalls Kunstwerke an die Stiftung und machte diese Sachspenden im Rahmen ihrer Körperschaftsteuer-Erklärung geltend.


Das Finanzamt beurteilte diese Sachspenden der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen an die Eheleute und setzte für das Jahr 2012 entsprechend Körperschaftsteuer fest. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage der GmbH ab und entschied, dass die Stiftung eine den Gesellschaftern (Eheleuten) nahestehende Person ist.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Sachspenden der GmbH an die Stiftung verdeckte Gewinnausschüttungen und deshalb nicht steuermindernd abziehbar sind.


Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch dann vorliegen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Ein entsprechendes Näheverhältnis wird bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.


Diese Maßstäbe gelten auch für Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) einer Kapitalgesellschaft an eine gemeinnützige Organisation. Eine Spende ist jedenfalls dann als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist.


Ein zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führendes Näheverhältnis kann auch zu einer gemeinnützigen Stiftung bestehen. Dabei ist ein Näheverhältnis nicht erst dann zu bejahen, wenn die Stiftung (auch) die Unterstützung der Gesellschafter der zuwendenden Gesellschaft bezweckt. Entscheidend ist vielmehr auch hier, ob die Gesellschaft den Vorteil ebenso einem fremden Dritten zugewendet hätte. Im Übrigen ist eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung, das Gemeinnützigkeitsrecht oder die staatliche Aufsicht gebunden ist.


Im vorliegenden Fall ist auch die sog. Vorteilseignung gegeben. Entscheidend ist, dass den Eheleuten B und C als Gesellschaftern durch die Zuwendung der GmbH an die Stiftung ein Vorteil verschafft wurde. Der Vorteil besteht darin, dass die Stiftung die gewünschte (zusätzliche) Förderung erhielt, ohne dass B oder C selbst dafür Mittel aufwenden mussten. Im Verhältnis zu Dritten reicht es aus, wenn ein entsprechender Vorteil bei der nahestehenden Person eintritt, der auf Grund des Näheverhältnisses dem Gesellschafter zuzurechnen ist. Davon ist bereits dann auszugehen, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das liegt hier vor, unabhängig davon, ob die Stiftung wirtschaftliches Eigentum erlangt hat. Denn, indem die GmbH der Stiftung die Kunstwerke zugewendet hat, und diese die Werke dann zur Verwirklichung ihrer Satzungszwecke für eine Dauerleihgabe verwendet hat, wurde die Stiftung jedenfalls in die Lage versetzt, ihrem Satzungszweck nachzugehen.


Überlassen eines Mandantenstamms an eine GmbH: Nutzungsüberlassung oder verdeckte Einlage?


Wird ein Mandantenstamm an eine Kapitalgesellschaft überlassen, muss dies steuerlich eingeordnet werden. In Betracht kommt eine bloße Nutzungsüberlassung, aber auch eine verdeckte Einlage ist möglich.


Hintergrund


Der Gesellschafter einer GmbH überließ dieser einen Mandantenstamm aus seiner bisherigen selbstständigen Tätigkeit. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Übergang der Mandate keine bloße Nutzungsüberlassung darstelle, sondern eine verdeckte Einlage in die GmbH.


Entscheidung


Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Verdeckte Einlagen sind – im Gegensatz zu offenen Einlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – Zuwendungen einlagefähiger Vermögensvorteile seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahestehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Der Mandantenstamm kann daher als bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut Gegenstand einer verdeckten Einlage sein.


Voraussetzung für einen einlagefähigen Vermögensvorteil ist jedoch, dass Gegenstand einer Einlage ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut ist. Als verdeckte Einlagen sind demnach nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens mehren. Maßgebend ist das Bilanzrecht. Entscheidend ist, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen.


Im vorliegenden Fall mangelte es an einer für die Annahme einer Einlage erforderlichen endgültigen Übertragung des Mandantenstamms und damit an einer durch Ansatz eines Aktivpostens in der Bilanz herbeigeführten Vermögensmehrung bei der GmbH. Denn hierfür wäre die Übertragung des zivilrechtlichen oder jedenfalls des wirtschaftlichen Eigentums an dem Mandantenstamm erforderlich gewesen. Hier lagen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor.


Die Vereinbarung über die Überlassung des Mandantenstamms ordnete das Finanzgericht zivilrechtlich als Pachtverhältnis ein.


Land- und Forstwirtschaft


Keine Durchschnittssatzbesteuerung bei Überschreitung der erlaubten Tierbestände


Bei Überschreiten der Vieheinheiten-Obergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe wird die Regelbesteuerung und nicht mehr die Besteuerung nach Durchschnittssätzen angewendet. Diese Obergrenze ist einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln.


Hintergrund


X ist Schweinemäster. Neben der bisher von ihm betriebenen Schweinemast pachtete er im Jahr 2007 einen benachbarten Mastbetrieb hinzu.


Das Finanzamt behandelte die beiden Betriebe als einheitlichen Betrieb. Aufgrund der Pacht des Nachbarbetriebs lag ein sofortiger Strukturwandel von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem Gewerbebetrieb vor, da der Tierbestand die zulässigen Vieheinheiten überstieg. Die Umsätze des einheitlichen gewerblichen Mastbetriebs unterlagen damit nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern der Regelbesteuerung. Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.


Entscheidung


Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Umsätze des X aus seinen beiden Tierhaltungsbetrieben nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen, sondern der Regelbesteuerung unterlagen.


Als Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung gelten “Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung”. Der Begriff der Landwirtschaft ist im Bereich der Tierzucht und Tierhaltung an die eigenbewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen gebunden, die die Futtergrundlage für das gehaltene Vieh bereithalten können. Tierzucht und Tierhaltung sind nur in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung begünstigt. Vorgesehen ist darüber hinaus eine degressive Festsetzung von Vieheinheiten im Verhältnis zur Ackerfläche.


Bei der Ermittlung der Vieheinheiten-Obergrenze sind alle Betriebe eines Landwirts zusammenzufassen. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln, wenn der Unternehmer auch andere Umsätze ausführt. Dies soll die Abgrenzung der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber gewerblichen und anderen Betrieben ermöglichen. § 24 Abs. 3 UStG wäre zudem überflüssig, wenn jeder land- und forstwirtschaftliche Betrieb ohnehin gesondert zu betrachten wäre.


Außerdem folgt aus § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass mit den “im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätzen” alle Umsätze gemeint sind, die ein Unternehmer aus der Landwirtschaft erzielt, unabhängig davon, wie viele Teilbetriebe er ertragsteuerrechtlich hat. Es wäre widersprüchlich, innerhalb derselben Regelung für die Option zur Regelbesteuerung auf alle landwirtschaftlichen Umsätze, also auf die Umsätze aller landwirtschaftlichen Betriebe abzustellen, für Zwecke der Vieheinheiten-Obergrenze aber die einzelnen Betriebe als Maßstab heranzuziehen.


Würde man auf eine Zusammenrechnung aller Betriebe eines Landwirtes verzichten, könnten industrielle Großbetriebe durch eine Aufteilung in eine Vielzahl von Betrieben unterhalb der Vieheinheiten-Obergrenze die landwirtschaftliche Sonderregelung nutzen. Industrielle Großbetriebe sollen aber nicht von der landwirtschaftlichen Sonderregelung profitieren können.


Lohn und Gehalt


Ausländische Betriebsstätten: Regelungen durch DBA und Außensteuergesetz sind zu beachten


Für den Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nach § 20 Abs. 2 AStG bedarf es einer sich originär aus dem DBA ergebenden Freistellung. Sieht ein DBA eigene Aktivitätsklauseln für Betriebsstätteneinkünfte vor, greift § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG nicht.


Hintergrund


Die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige A GmbH wurde in Russland und Rumänien über angemietete oder zur Nutzung überlassene Geschäftsräume unter Einsatz von eigenem Personal, dazu gehörte auch der zu 95 % beteiligte Anteilseigner, tätig. Die A GmbH erklärte zu den Betriebsstätten jeweils nach DBA steuerfreie Einkünfte, was sich nach Ansicht der GmbH aus § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG ergab. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Einkünfte nach der Anrechnungsmethode zu erfassen sind. Denn die Anrechnungsmethode ergab sich aus den jeweiligen DBA und nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG, sodass die Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG nicht greifen kann.


Entscheidung


Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab und entschied, dass das Finanzamt zu Recht das Anrechnungsverfahren angewendet hat, auch wenn die jeweiligen DBA für ausländische Betriebsstätteneinkünfte grundsätzlich die Freistellungsmethode vorsehen. Beide DBA bestimmen aber als Ausnahme von diesem Grundsatz, dass gewerbliche Einkünfte nur dann in Deutschland freigestellt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Betriebsstätte ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten bezieht, die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallen.


Diese Voraussetzungen liegen jedoch in beiden Fällen nicht vor: Unter § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG fallen Dienstleistungen, soweit sich die ausländische Betriebsstätte nicht für die Dienstleistung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen bedient, der an ihr beteiligt ist. Hier war jedoch der zu 95 % beteiligte Anteilseigner tätig geworden. Darüber hinaus bedarf es für den Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode einer sich originär aus dem maßgebenden DBA ergebenden Freistellung. Sieht ein DBA dagegen eigene Aktivitätsklauseln für Betriebsstätteneinkünfte vor, geht § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG ins Leere.


Sonstige Steuern


Hinzuerwerb einer angrenzenden Doppelhaushälfte: Gilt die Steuerbefreiung für ein Familienheim?


Der Erwerb einer Wohnung von Todes wegen kann steuerbegünstigt sein. Aber gilt diese Steuerbegünstigung für ein Familienheim auch für eine Wohnung, die an die selbst genutzte Wohnung des Steuerpflichtigen angrenzt? Ja, und zwar dann, wenn die hinzuerworbene Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt ist.


Hintergrund


A ist Alleinerbe seines im Oktober 2013 verstorbenen Vaters V. Zum Nachlass gehörte eine von V bis zu seinem Tod selbst genutzte Doppelhaushälfte. A bewohnt die hieran direkt angrenzende andere Doppelhaushälfte.


Nachdem A Renovierungs- und Sanierungsarbeiten durchgeführt hatte, nutzte er ab August 2016 die verbundenen Doppelhaushälften selbst als eine einheitliche Wohnung.


Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten für den Erwerb der Doppelhaushälfte des V die Steuerbefreiung für ein Familienheim ab. Ihrer Ansicht nach fehlte es an der unverzüglichen Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken.


Entscheidung


Die Absicht des Erwerbers zur Selbstnutzung lässt sich als eine innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände feststellen. Der Erwerber muss tatsächlich in die Wohnung einziehen. Der Begriff des Familienheims erfordert zudem, dass der Erwerber dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Dafür bedarf es einer Nutzung zu eigentlichen Wohnzwecken. Die Nutzung für gelegentliche Aufenthalte oder als Lagerraum genügt nicht.


Der Erwerber muss die Wohnung “unverzüglich”, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Erwerber i. d. R. prüfen, ob er einziehen will, entsprechende Renovierungsarbeiten vornehmen und den Umzug durchführen. Nach Ablauf dieser Frist kann eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung nur vorliegen, wenn der Erwerber darlegt, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände im Einflussbereich des Erwerbers, die nach Ablauf des 6-Monatszeitraums zu einer Verzögerung führen (wie z. B. eine Renovierung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten.


Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber auch dann nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, z. B. wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen können oder weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss. Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der Wohnung.


Das Finanzgericht ging davon aus, dass die Steuerbefreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil A nicht alles technisch Denkbare (Einsatz von Trocknungsgeräten) unternommen hat, um so schnell wie möglich in die Selbstnutzung einzutreten. Dieser Maßstab ist zu streng. Vom Erwerber kann lediglich der Aufwand gefordert werden, der nach der Verkehrsanschauung als angemessene Förderung des Baufortschritts zu qualifizieren ist. Das Finanzgericht hat die Verhältnisse des Streitfalls nach diesem Kriterium erneut zu würdigen.


Schenkung: Keine Abzinsung für die Zeit zwischen Rechtsgeschäft und Bedingungseintritt


Die Bewertung einer aufschiebend bedingten Last erfolgt auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet keine Abzinsung statt.


Hintergrund


A war die Ehefrau des im Jahr 2016 verstorbenen O und ist dessen Gesamtrechtsnachfolgerin. O übertrug im Jahr 2004 seinen Anteil an einer KG im Wege der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auf die gemeinsame Tochter T. Nach seinem Tod war T verpflichtet, an A zu Lasten des KG-Anteils monatlich 4.000 EUR zu zahlen. O übernahm die Schenkungsteuer.


Das Finanzamt setzte im Jahr 2010 gegenüber O Schenkungsteuer fest. Die Rentenverpflichtung der T gegenüber der A wurde dabei nicht mindernd berücksichtigt.


Nach dem Tod des O beantragte die A als Gesamtrechtsnachfolgerin, die Schenkungsteuer-Festsetzung aus 2010 anzupassen und die von der T an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr auf den Todestag des O im Jahr 2016 zu kapitalisieren und in dieser Höhe (385.632 EUR) als Verbindlichkeit steuermindernd zu berücksichtigen.


Das Finanzamt berücksichtigte die Rentenlast dagegen lediglich mit 213.100 EUR. Es vertrat die Auffassung, dass die zum Todestag des O bestehende Verpflichtung (385.632 EUR) auf den Tag der Schenkung im Jahr 2004 abzuzinsen war. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Wert der Rentenverbindlichkeit der T mit dem zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts, also 2016, geltenden Vervielfältiger zu ermitteln ist. Eine Abzinsung kommt nicht in Betracht.


Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt. Tritt die Bedingung ein, ist die Festsetzung der Schenkungsteuer auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Die abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind mit ihrem Wert abzuziehen. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist dabei mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Der Vervielfältiger ist nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln. Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten. Zugrunde zu legen ist der bei Bedingungseintritt geltende Vervielfältiger. Hiervon ausgehend hat das Finanzamt zutreffend den Wert mit 385.642 EUR angesetzt.


Der Kapitalwert ist für den Zeitraum des Schwebezustands, also von der Schenkung im Jahr 2004 bis zum Todestag im Jahr 2016 nicht abzuzinsen. Durch die Abzinsung soll berücksichtigt werden, dass eine Verpflichtung nicht zeitnah, sondern erst in fernerer Zukunft zu erfüllen ist und damit der zu ihrer Erfüllung erforderliche Aufwand zeitversetzt anfällt. Allerdings sind noch nicht fällige Forderungen nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt eintritt. Ist ein bestimmter Fälligkeitszeitpunkt nicht festgelegt, fehlt es dementsprechend auch an einer Berechnungs- oder Schätzungsgrundlage für eine Abzinsung oder für den Ansatz eines niedrigeren Werts als des Nennwerts.


Während des Schwebezustands zwischen der Schenkung (2004) und dem Eintritt der Bedingung (2016) fehlt es an einer Forderung, die abgezinst werden könnte. Mit Eintritt der Bedingung ist die Forderung erstmals zu berücksichtigen. Sie ist gleichzeitig aber auch fällig und nicht mehr gestundet. Das bedeutet, dass weder im Zeitpunkt der gemischten Schenkung (mangels bestimmten Fälligkeitszeitpunkts einer noch nicht existenten Verpflichtung) noch im Zeitpunkt des Bedingungseintritts (mangels mehr als 1-jähriger Laufzeit einer zinslos gestundeten Forderung) die Tatbestandsvoraussetzungen einer Abzinsung erfüllt sind.


Steuerrecht Privatvermögen


Elterngeld: Zuschlag bei Mehrfachadoptionen?


Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das Elterngeld für das 2. und die weiteren Kinder um jeweils 300 EUR. Dieser Zuschlag soll jedoch nicht bei Mehrfachadoptionen gelten.


Hintergrund


Der Kläger adoptierte die 4 Kinder, die seine Ehefrau mit in die Ehe brachte. Ihm wurde für die Betreuung Elterngeld für den 6. bis 14. Monat ab Inobhutnahme gewährt. Der Kläger war der Ansicht, dass ihm Mehrlingszuschläge von jeweils 300 EUR zustanden. Denn der Fall einer Mehrfachadoption war mit einer Mehrlingsgeburt vergleichbar. Die Gewährung des Zuschlages wurde abgelehnt.


Entscheidung


Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht entschied, dass dem Kläger kein Mehrlingszuschlag für die adoptierten Kinder zusteht.


Die Anspruchsgrundlage für den Mehrlingszuschlag ist nicht auf den Fall einer Mehrfachadoption anwendbar. Eine analoge Anwendung war nicht geboten.


Hätte der Gesetzgeber den Mehrlingszuschlag auch bei Mehrfachadoptionen vorsehen wollen, hätte für eine entsprechende Regelung ausreichend Gelegenheit bestanden. Es lag zudem kein vergleichbarer Sachverhalt vor. Der Mehrlingszuschlag berücksichtigt die bei Mehrlingsgeburten bestehende besondere Belastung der Eltern. Der Beginn des Zusammenlebens mit adoptierten Kindern ist zwar ebenfalls regelmäßig mit besonderen Anforderungen an die fürsorglichen Leistungen der Eltern verbunden. Ein erheblicher Unterschied liegt aber darin, dass adoptierte Kinder ein mitunter deutlich höheres Alter als Neugeborene aufweisen und der Zeitpunkt der Adoption anders planbar ist.


Im vorliegenden Fall hatte der Kläger mit den Kindern, die zwischen 3 und 10 Jahre alt waren, bereits mehr als 2 Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt.


Das Gericht ist darüber hinaus der Meinung, dass der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hat und es daher nicht den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verletzt, wenn nur für die besonderen Belastungen einer Mehrlingsgeburt ein Zuschlag vorgesehen ist.


Keine Berücksichtigung des aufgrund der Ausschlussfrist nicht ausgezahlten Kindergelds


Wird das Kindergeld wegen der 6-monatigen Ausschlussfrist nicht ausgezahlt, erfolgt auch keine Hinzurechnung im Rahmen der Günstigerprüfung. Das nicht ausgezahlte Kindergeld ist vielmehr nur in Höhe von 0 EUR zu berücksichtigen.


Hintergrund


Die Kläger sind die Eltern des volljährigen Sohnes S, der im Jahr 2017 ein Studium absolvierte und damit für das gesamte Kalenderjahr die kindergeldrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllte.


Am 23.5.2018 beantragte der Vater V rückwirkend ab Januar 2017 Kindergeld für S. Die Familienkasse setzte mit Bescheid vom 2.7.2018 unter Hinweis auf die 6-monatige Ausschlussfrist jedoch nur Kindergeld ab November 2017 fest und zahlte entsprechend auch nur das Kindergeld für November und Dezember 2017 in Höhe von 384 EUR an V aus.


In ihrer Einkommensteuer-Erklärung für 2017 beantragten die Eheleute, den Kindergeldanspruch nur in Höhe von 384 EUR zu berücksichtigen. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern berücksichtigte im Einkommensteuer-Bescheid die kindbedingten Freibeträge in Höhe von 7.356 EUR und rechnete den vollen Kindergeldanspruch in Höhe von 2.304 EUR der tariflichen Einkommensteuer hinzu.


Das Finanzgericht gab der Klage statt und setzte die Einkommensteuer auf den Betrag herab, der sich bei einer Hinzurechnung des Kindergeldanspruchs von nur 384 EUR ergab.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und entschied, dass ein aufgrund der Ausschlussfrist ausgeschlossener Kindergeldanspruch bei der Günstigerprüfung in Höhe von 0 EUR zu berücksichtigen ist.


Zwar ist auch in den Fällen der Ausschlussfrist bei der Günstigerprüfung dem Grunde nach auf den Kindergeldanspruch und nicht auf das gezahlte Kindergeld abzustellen. Für die Höhe des anzusetzenden Anspruchs ist jedoch bei verfassungskonformer Auslegung die materiell-rechtliche Wirkung der Ausschlussfrist zu berücksichtigen und ein derart ausgeschlossener Kindergeldanspruch bei der Vergleichsrechnung und bei der Hinzurechnung nur in Höhe von 0 EUR anzusetzen.


Auch wenn nach dem Gesetzeswortlaut auf den “Anspruch auf Kindergeld” abzustellen ist, gebieten es Sinn und Zweck der Regelung, den durch Frist ausgeschlossenen Kindergeldanspruch mit 0 EUR zu berücksichtigen. Der mit der Norm verfolgte Vereinfachungszweck stellt ein strukturelles – dem Gesetzgeber zuzurechnendes – Hindernis bei der Durchsetzung des Anspruchs dar, wenn der Anspruch innerhalb des 6-monatigen Zeitraums geltend gemacht werden muss. Daher erfordert es das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums, dass durch die Ausschlussfrist betroffene Kindergeldansprüche mit 0 EUR berücksichtigt werden, wenn sich bei der Einkommensteuer-Festsetzung herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der kindbedingten Freibeträge vorliegen.


Kindergeldverfahren: Keine Kostenerstattung bei Einspruch gegen Hinterziehungszinsen


Es besteht keine Kostenerstattungspflicht im Kindergeldverfahren bei erfolgreichem Einspruch gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen. § 77 EStG ist in diesem Fall weder unmittelbar noch analog anwendbar.


Hintergrund


Die Klägerin X hatte zu Unrecht Kindergeld in Höhe von 16.800 EUR bezogen. Die Familienkasse setzte deshalb gegen sie Hinterziehungszinsen von rund 2.100 EUR fest. Der gegen die Zinsfestsetzung gerichtete Einspruch war erfolgreich. Die Familienkasse hob die Zinsfestsetzung auf und entschied, dass die der X im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nicht zu erstatten sind. Nach Ansicht der Familienkasse ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG eine Kostenerstattung nur im Einspruchsverfahren gegen die Kindergeldfestsetzung selbst vorgesehen, nicht aber gegen die damit zusammenhängende Zinsfestsetzung.


Das Finanzgericht verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen, da seiner Meinung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG analog anzuwenden ist.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass kein Anspruch auf Kostenerstattung analog § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht.


§ 77 Abs. 1 Satz 1 EStG ist seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Denn im vorliegenden Fall fehlt es an einem erfolgreichen Einspruch “gegen die Kindergeldfestsetzung”. Voraussetzung für die Kostenerstattung ist ein erfolgreicher Einspruch in einem das Kindergeld (nicht die Zinsentscheidung) betreffenden Festsetzungsverfahren. Bei der Frage, ob Hinterziehungszinsen festzusetzen sind, wird nicht zusätzlich über die Kindergeldfestsetzung entschieden. Denn für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist allein maßgebend, ob der subjektive und objektive Tatbestand der Strafrechtsnorm sowie die Rechtswidrigkeit und die Schuld zu bejahen sind.


§ 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sieht also die Erstattungspflicht nicht allgemein für Einspruchsverfahren in Kindergeldangelegenheiten vor, sondern nur für den Fall des erfolgreichen Einspruchs gegen eine Kindergeldfestsetzung. Die Kostenerstattungspflicht bei Kindergeldsachen kann daher nicht extensiv ausgelegt werden. Es kann auch nicht mit Gewissheit festgestellt werden, dass es der Gesetzgeber planwidrig unterlassen hat, die Kostenerstattungspflicht auf Fälle auszudehnen, die mit der Kindergeldfestsetzung an sich nichts zu tun haben. Ein Versehen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Eine analoge Anwendung des § 77 EStG auf das Einspruchsverfahren gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen scheidet daher aus.


Steuerrecht Unternehmer


Abgabe von Speisen in einem Food-Court: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?


Bei der Nutzung eines Food-Courts in einem Einkaufszentrum unterliegt die Abgabe der Speisen dem Regelsteuersatz, wenn die Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten in dem Gemeinschaftsbereich als überwiegendes Dienstleistungselement eine sonstige Leistung darstellt. Die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit ist aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dem Speisenanbieter zuzurechnen.


Hintergrund


Die X eröffnete eine Filiale ihrer Fast-Food-Restaurants in einem Einkaufszentrum. Die vorgefertigten Speisen werden über eine Verkaufstheke in Einwegverpackungen abgegeben und können in dem sog. “Food-Court”, das ist ein für die Kunden des Einkaufszentrums eingerichteter gemeinsamer Sitz- und Verzehrbereich, eingenommen werden. Die Kosten für den Food-Court werden von den Mietern des Zentrums anteilig getragen.


X ging davon aus, dass ihre Umsätze dem ermäßigten Steuersatz für Lieferungen (Speisen zum Mitnehmen) unterliegen. Das Finanzamt nahm dagegen sonstige Leistungen zum Regelsteuersatz an. Denn X erbrachte mit der Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten in dem Gemeinschaftsbereich eine Dienstleistung.


Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar hat das Finanzgericht zutreffend entschieden, dass es für die Annahme einer sonstigen Leistung bei der Abgabe von Speisen auf zusätzliche Dienstleistungselemente ankommt (z. B. die Nutzung von Tischen und Sitzgelegenheiten). Ebenso zutreffend hat das Finanzgericht entschieden, dass die X an der Verschaffung derartiger Dienstleistungselemente mitgewirkt hat. Allerdings hat das Finanzgericht dabei nicht hinreichend auf die maßgebliche Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers abgestellt.


Das bloße Vorhandensein von Mobiliar genügt nicht für die Annahme einer Dienstleistung. Zu berücksichtigen sind nur Verzehrvorrichtungen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt sind, den Verzehr zu erleichtern. Geringfügige Dienstleistungsanteile genügen dafür nicht. Die Abgabe von Speisen fällt unter den Begriff “Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen”, wenn sie mit Dienstleistungen einhergeht, die deren sofortigen Verzehr durch den Endkunden ermöglichen sollen.


Die Nutzung eines Food-Courts kann als überwiegendes Dienstleistungselement zu einer sonstigen Leistung führen, wenn die Einräumung dieser Nutzungsmöglichkeit dem Speisenanbieter zuzurechnen ist. Das ist vorliegend der Fall. Die X muss sich die durch die Nutzung des Food-Courts ergebenden Dienstleistungselemente zurechnen lassen. Denn X hatte aufgrund ihres Mietvertrags einen Anspruch auf die Benutzung des Food-Courts durch ihre Kunden. Damit wirkt sie an der Verschaffung dieser Dienstleistungselemente zugunsten ihrer Kunden mit.


Für die Zurechnung des Food-Courts zum leistenden Unternehmer genügt es, dass der Durchschnittsverbraucher davon ausgehen kann, dass er als Kunde der X zur Nutzung des Food-Courts berechtigt ist. Dazu kann die Ausgabe der Speisen mit einem Tablett ausreichen, da dieses typischerweise dazu dient, die Speisen zu dem Food-Court zu bringen und dort an einem Tisch zu verzehren. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers bezieht sich die Leistung dann nicht auf die bloße Abgabe am Verkaufstresen, sondern schließt als weitergehenden Vorgang den Verzehr in unmittelbarer Nähe zur Ausgabestelle mit ein.


Aus Sicht des Durchschnittsverbrauches ist die Möglichkeit der Mitnahme der Speisen auf einem Tablett zum Verzehrbereich ein Indiz dafür, dass die X daran mitwirkte, den Kunden die Nutzung des Food-Courts einzuräumen. Das Finanzgericht hat allerdings zu den Umständen im Zusammenhang mit der Tablett-Nutzung keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Möglicherweise ergab sich aus Sicht der Kunden nicht, dass ihnen die Nutzungsmöglichkeit am Food-Court durch X eingeräumt wurde. Bei Speisenabgaben außerhalb der Öffnungszeiten des Food-Courts kann jedenfalls keine sonstige Leistung vorliegen.


Hinterziehungszinsen für verkürzte Vorauszahlungen: Keine unzulässige Doppelverzinsung


Werden für verkürzte Einkommensteuervorauszahlungen Hinterziehungszinsen festgesetzt und gleichzeitig Hinterziehungszinsen für verkürzte Jahreseinkommensteuer für das Kalenderjahr, für das die Vorauszahlungen hätten geleistet werden müssen, liegt keine Doppelverzinsung desselben Steueranspruchs vor. Das gilt zumindest dann, wenn sich die Zinsläufe nicht überschneiden.


Hintergrund


Die Eheleute erstatteten für die Jahre 2003 bis 2013 Selbstanzeigen und erklärten nicht versteuerte Auslandseinkünfte nach. Das Finanzamt änderte die Einkommensteuer-Bescheide und setzte für die hinterzogenen Steuern Hinterziehungszinsen fest. Daneben setzte das Finanzamt auch Hinterziehungszinsen zu hinterzogenen Einkommensteuer-Vorauszahlungen fest.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Zinsfestsetzung zu Recht erfolgte.


Auch hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind hinterzogene Steuern und können Gegenstand einer eigenständigen Verzinsung sein. Das gilt auch, wenn Einkommensteuer-Vorauszahlungen und die Jahressteuer des Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, in gleicher Weise hinterzogen werden. Eine systemwidrige Doppelbelastung desselben Steueranspruchs mit Hinterziehungszinsen kann durch die Abgrenzung der Zinsläufe vermieden werden.


Die verkürzte Jahreseinkommensteuer umfasst zwar der Höhe nach auch hinterzogene Vorauszahlungsbeträge des Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären. Denn die hinterzogene Jahressteuer ist nur um die Vorauszahlungen zu mindern, die tatsächlich geleistet wurden. Auch die Bemessungsgrundlage der zu verzinsenden hinterzogenen Jahressteuer umfasst daher betragsmäßig auch die Vorauszahlungen. Trotz dieser betragsmäßigen Überschneidung der Bemessungsgrundlagen kann eine unzulässige Doppelverzinsung desselben hinterzogenen Einkommensteuer-Teilbetrags vermieden werden, wenn die den Festsetzungen zugrunde liegenden Zinsläufe voneinander abgegrenzt werden.


Der Zinslauf für die Hinterziehungszinsen zu den Vorauszahlungen beginnt zum jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstag und endet in dem Zeitpunkt, in dem der Zinslauf für die Hinterziehungszinsen zur verkürzten Jahressteuer beginnt.


Für die hinterzogene Jahressteuer beginnt der Zinslauf dagegen entweder mit der Bekanntgabe des unzutreffenden Jahressteuerbescheids oder bei Festsetzung einer Abschlusszahlung darin mit deren Fälligkeit.


Von einem Beginn der Verzinsung des Jahressteueranspruchs und damit Ende des Zinslaufs für die Hinterziehungszinsen zu den Vorauszahlungen ist jedoch auch aus teleologischen Gründen auszugehen, wenn der Karenzzeitraum für die hinterzogene Jahressteuer endet und die Vollverzinsung des Jahressteueranspruchs beginnt.


Eine strafrechtliche Verurteilung wegen der Hinterziehung ist für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen im Übrigen nicht erforderlich.


Spielhallen: Bewirtungskosten teilweise steuerlich absetzen


Bei Snacks und Getränken, die eine Spielhalle ihren Besuchern kostenlos zur Verfügung stellt, handelt es sich um eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass. Die Folge: Die entsprechenden Aufwendungen sind nur zu 70 % abziehbar.


Hintergrund


Die Kläger betreibt mehrere Spielhallen. Den Besuchern werden dort kostenlos 1 bis 2 Getränke sowie geschnittenes Baguette, Pizzaecken und Kuchen angeboten. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 30.000 EUR im Jahr, die der Kläger in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzog. Dagegen vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Abzugsbegrenzung auf 70 % für Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass Anwendung findet.


Entscheidung


Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr durch Kunden stets eine Bewirtung ist, die zum eingeschränkten Betriebsausgabenabzug führt. Es kommt nicht darauf an, ob die Beköstigung im Vordergrund steht oder ob diese aus der Sicht des Bewirtenden in erster Linie der Werbung oder Repräsentation dient. Auch lag vorliegend keine bloße Aufmerksamkeit gegenüber den Besuchern vor. Es handelte sich auch nicht nur um eine Geste der Höflichkeit. Vielmehr sollte sich der Spielgast möglichst lange in der Spielhalle aufhalten, um höhere Einnahmen zu erzielen.


Die Klassifizierung von Bewirtungsaufwendungen als Aufmerksamkeiten kommt nur dann in Betracht, wenn den Speisen und Getränken objektiv kein eigenständiges Gewicht neben der Veranstaltung, in der sie ausgegeben werden, zukommt. Genau diese Voraussetzung lag jedoch vorliegend nicht vor, da dem Angebot des Klägers ein eigenständiges Gewicht zukommt.


Wo liegt der mehrwertsteuerliche Ort bei Einfuhr von Transportmitteln?


Unklar ist bislang, wo der mehrwertsteuerrechtliche Ort der Einfuhr eines Kfz liegt, das in einem Drittland zugelassen ist und unter Verstoß gegen zollrechtliche Vorschriften in die Union verbracht und dort genutzt wird. Dazu muss sich nun der Europäische Gerichtshof äußern.


Hintergrund


Der in Deutschland seit mehreren Jahren ansässige und gemeldete Kläger mit georgischer Staatsangehörigkeit erwarb im Januar 2019 in Georgien einen in Georgien auf seinen Namen zugelassenen Pkw. Im März 2019 fuhr er mit dem Fahrzeug von Georgien über die Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland, ohne das Fahrzeug in der Union zu einer Einfuhrzollstelle zu befördern und zu gestellen.


In Deutschland benutzte er das Fahrzeug für private und geschäftliche Fahrten. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 13.5.2019 setzte das Hauptzollamt rund 4.000 EUR Zoll und rund 8.500 EUR Einfuhrumsatzsteuer gegen den Kläger fest. Zur Begründung gab es an, dass der Kläger das Fahrzeug entgegen seiner Pflicht nicht an der ersten Zollstelle im Unionsgebiet gestellt habe. Daher sei das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht worden, sodass eine Einfuhrzollschuld entstanden sei.


Entscheidung


Transportmittel gehen in dem Mitgliedstaat in den Wirtschaftskreislauf der Union ein, in dem sie erstmals tatsächlich als Transportmittel verwendet werden. Für den vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass das Fahrzeug des Klägers in Bulgarien in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist, weil es dort erstmals innerhalb der Union als Transportmittel benutzt wurde. Daher wäre dort der Ort der Einfuhr.


Das Finanzgericht hat an diesem Ergebnis jedoch Zweifel. Deshalb ersucht das Finanzgericht den Europäischen Gerichtshof um Klarstellung, ob die Nutzung eines Fahrzeugs als Transportmittel für die Zwecke der Durchfahrt durch einen Mitgliedstaat nicht bereits in diesem Mitgliedstaat, sondern erst im Wohnsitzmitgliedstaat des Fahrzeugführers zum Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union führt.


Das Finanzgericht selbst ist der Ansicht, dass im Ausgangsverfahren das Fahrzeug bereits in Bulgarien benutzt wurde und dadurch erstmalig dort in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist. Denn der Kläger hat das Fahrzeug tatsächlich für die Durchfahrt durch Bulgarien benutzt.


Zum Umfang der Gewerbesteuerbefreiung für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen


Die Gewerbesteuerbefreiung für Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime und andere Einrichtungen gilt nur für die Gewinne, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Dagegen unterliegt der Gewinn aus Nebentätigkeiten, die nicht vom Zweck der Steuerprivilegierung gedeckt sind, der Gewerbesteuer.


Hintergrund


Die Pflege-GmbH erbringt Pflegeleistungen gegenüber kranken Personen im Rahmen einer sog. mobilen Hauskrankenpflege.


Im Jahr 2009 erwarb Frau X die Geschäftsanteile an der GmbH von Frau Y. Zur Finanzierung der Übernahme nahm die GmbH im Jahr 2010 ein Bankdarlehen auf. Die GmbH vereinbarte mit X ebenfalls ein entsprechendes Darlehen. X stellte der finanzierenden Bank Sicherheiten in Form einer Bürgschaft und Abtretung einer Lebensversicherung. Das Darlehen wurde im Jahr 2011 ausgezahlt und X bezahlte damit anteilig den Kaufpreis für die GmbH-Anteile an Y.


In den Jahren 2009 bis 2011 erzielte die GmbH saldierte Zinserträge. Zudem erhielt sie Provisionen für die Vermittlung einer Vereinsmitgliedschaft in einem gemeinnützigen Verein und für die Vermittlung des Kaufs von Heilhilfsmitteln.


In Höhe der Zins- und Provisionserträge nahm das Finanzamt eine partielle Gewerbesteuerpflicht an, da die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG insoweit nicht greift. Das Finanzgericht gab dagegen der von der GmbH erhobenen Klage statt, da die GmbH neben dem begünstigten Pflegebetrieb keinen weiteren nicht begünstigten Betrieb unterhalten hatte.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die GmbH für die von ihr erzielten Gewinne aus Darlehens- und Provisionsgeschäften die Befreiungsvorschrift nicht in Anspruch nehmen kann.


Der Träger der in § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG genannten Einrichtungen wird nicht mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit. Begünstigt werden nur die aus dem Betrieb der Einrichtung resultierenden Erträge. Erzielt der Träger außerhalb der Einrichtung Erträge, unterliegen diese der Gewerbesteuer. Für die Befreiung auch dieser Erträge ist kein Grund ersichtlich. Denn der Zweck der Steuerbefreiung liegt darin, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Daraus folgt, dass nur die Erträge begünstigt sein können, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Denn nur insoweit entstehen für die Sozialversicherungsträger Kosten.


Der Bundesfinanzhof widerspricht der Auffassung, dass eine begünstigte Einrichtung nur dann eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit ausübt, wenn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. Die gemeinnützigkeitsrechtliche Unterscheidung zwischen ideeller Sphäre und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb lässt sich auf § 3 Nr. 20 GewStG nicht übertragen.


Eine trennbare, partiell gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn dieser Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können. Das ist bei den Zins- und Provisionserträgen der GmbH der Fall. Diese resultieren aus einer Tätigkeit, die vom eigentlichen Betrieb der Einrichtung getrennt werden kann und vom Zweck der Steuerbefreiung nicht gedeckt ist. Die GmbH ist daher insoweit partiell gewerbesteuerpflichtig. Die Trennbarkeit der Tätigkeit ergibt sich daraus, dass der Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können.


Vereine


Ist entgeltliche individuelle Verbraucherberatung steuerlich begünstigt?


Der steuerbegünstigte Zweck der Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz kann auch bei einer Einzelberatung vorliegen, bei der die individuelle Situation des Verbrauchers berücksichtigt und über Versicherungen aufgeklärt und informiert wird.


Hintergrund


Der eingetragene Verein V fördert den Verbraucherschutz durch Produktvergleiche. Im Jahr 2014 führte V vergleichende Untersuchungen zu Versicherungen durch und veröffentlichte die Ergebnisse. Da wegen der vielen Tarife ein verwertbarer Vergleich nur anhand individueller Faktoren erstellt werden konnte, bot V eine Vergleichsanalyse mit individuellen Daten an, sog. “Finanzanalysen”. Mit den Analysen erwirtschaftete V bei Umsätzen von ca. 100.000 EUR einen Verlust von ca. 70.000 EUR.


Das Finanzamt ordnete die Einnahmen aus den Analysen dem steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb des V zu, erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuer-Messbescheide und unterwarf die Umsätze dem Regelsteuersatz.


Das Finanzgericht gab der Klage des V statt. Seiner Meinung nach handelte sich um einen begünstigten Zweckbetrieb.


Entscheidung


Der Bundesfinanzhof entschied, dass V als Zweckbetrieb von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit ist, jedoch bei der Umsatzsteuer nicht dem ermäßigten Steuersatz, sondern dem Regelsteuersatz unterliegt.


Auch wenn sich die individuelle Aufklärung an einen zahlenmäßig nicht begrenzten Personenkreis richtet, steht dem das Erfordernis der Förderung der “Allgemeinheit” nicht entgegen. Denn V bot allen ihren Lesern und damit einem unbegrenzten Kreis von Verbrauchern die Möglichkeit, Computerauswertungen zu Versicherungen auf der Basis ihrer individuellen Merkmale zu erwerben.


Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb “Finanzanalysen” diente in seiner Gesamtrichtung der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks der Verbraucherberatung. Es lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erhebung des Entgelts lediglich zur Mittelbeschaffung erfolgte. Die Finanzanalysen waren für die Zweckerreichung erforderlich. Denn die veröffentlichten Musteranalysen waren lediglich für einen generellen Marktüberblick geeignet. Ein konkreter Versicherungsschutz setzt dagegen eine individuelle Versicherungsanalyse voraus.


V tritt mit ihren Analysen zu nicht begünstigten Betrieben nur insoweit in Wettbewerb, als dies zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Zum einen besteht nur ein “eingeschränktes” Wettbewerbsverhältnis zu Versicherungsportalen, Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern. Denn diese Konkurrenten bieten keine vergleichbaren Leistungen an, da ihre Analysen auf einen Vertragsabschluss gerichtet sind. Zum anderen überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks. Die Finanzanalysen gewährleisten einen unabhängigen Marktüberblick. V hat kein wirtschaftliches Interesse am Abschluss eines Versicherungsvertrags.


Der ermäßigte Steuersatz gilt nur dann für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Damit folgt der Bundesfinanzhof nicht der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach der ermäßigte Steuersatz auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar ist.


Denn bei V fehlt es an einer Tätigkeit auch “für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit”. Damit erfüllt V nicht die neben der Zweckbetriebseigenschaft für die Steuersatzermäßigung erforderlichen weiteren Voraussetzungen.


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