Stand: 15. Mai 2020


 

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Bundesrat: Verbesserungsbedarf an Novelle des NetzDG

Der Bundesrat hat sich am 15. Mai 2020 ausführlich mit den Plänen der Bundesregierung befasst, das seit 2017 geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz zu ändern, um Hatespeech im Internet und den sozialen Medien zu bekämpfen.

Ausführliches Feedback aus der Praxis

In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf führt der Bundesrat Bedenken und Anregungen aus der Praxis auf – zum Teil als Prüfbitten an die Bundesregierung, zum Teil als konkrete Änderungs- oder Streichungsvorschläge.

Ausweitung auf inhaltsgleiche Posts

So möchte der Bundesrat prüfen lassen, ob die bereits bestehende gesetzliche Löschpflicht der Plattformbetreiber über den konkret gemeldeten Inhalt hinaus auch auf wortgleiche oder sinngemäß inhaltsgleiche rechtswidrige Posts ausgedehnt werden kann. Dies würde die Eindämmung von Hassposts effektivieren: der oder die Meldende müsste dann nicht gegen jeden Post einzeln vorgehen. Die geplante Frist von 24 Stunden zwischen Eingang der Beschwerde und Löschung hält der Bundesrat für zu lang – stattdessen fordert er eine „unverzügliche“ Reaktion.

Fake-Profile bekämpfen

Ebenfalls ausweiten lassen möchte der Bundesrat die Berichtspflicht auf das Aufkommen missbräuchlich eingesetzter Social Bots und Fake Profile, die menschliche Interaktion nur vorgeben. Zugleich sollte auch darüber berichtet werden, welche Bemühungen die Anbieter dagegen unternehmen.

Kritik am Herkunftslandprinzip

Dass Plattform-Betreiber mit Sitz im Ausland wie z.B. Youtube von bestimmten Strafvorschriften des NetzDG teilweise ausgenommen sind, hält der Bundesrat für einen Rückschritt gegenüber der jetzigen Rechtslage. Er bittet die Bundesregierung, die Regelung zum Herkunftslandprinzip noch einmal zu überprüfen.

Bürokratieaufwand im Blick behalten

Der Bundesrat kritisiert die bestehende Systematik als wenig praktikabel und bittet um eine verständlichere Umsetzung der AVMD-Richtlinie durch trennscharfe Regelungen, um insbesondere Anbietern von Videosharing-Plattformen Rechtssicherheit zu geben.

Doppelstrukturen vermeiden

Die Länder weisen auf Zusammenhänge und Überschneidungen der verschiedenen Rechtsgrundlagen hin, die unter anderem in der europäischen AVMD-Richtlinie zur Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, dem Medienstaatsvertrag der Bundesländer, dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dem Telemediengesetz und im Jugendschutzgesetz geregelt sind – mit unterschiedlichen Zuständigkeiten und Kompetenzen. Sie bitten um Beachtung der jeweiligen Kompetenzverteilung, Vermeidung paralleler Zuständigkeitsstrukturen und koordinierte Regelungen.

Was die Bundesregierung plant

Mit dem Entwurf zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes will die Bundesregierung die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege bei Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verbessern – diese seien zum Teil noch zu kompliziert oder versteckt. Zudem will die Bundesregierung Informationspflichten für halbjährliche Transparenzberichte der Plattformbetreiber ergänzen und im Telemediengesetz einen unmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber den Diensteanbietern schaffen. Dieser Anspruch soll für Nutzerinnen und Nutzer gelten, die Opfer rechtswidriger Inhalte in sozialen Netzwerken geworden sind.

Privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen

Neben einem so genannten Gegenvorstellungsverfahren bei Löschung bzw. Beibehaltung von Plattform-Inhalten ist eine Anerkennungsmöglichkeit für privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen vorgesehen. Der Entwurf soll zudem Vorgaben der AVMD-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zum Schutz vor strafbaren Inhalten auf Videosharingplattformen umsetzen.

Hatespeech als Nährboden für Anschläge

Hatespeech könne als Nährboden für tätliche Angriffe auf Leib und Leben dienen, begründet die Bundesregierung ihren Entwurf: Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und die Attentate im Umfeld der Synagoge von Halle zeigten die besorgniserregenden Auswirkungen. Weiteres Beispiel: der extremistische Anschlag in Hanau im Februar 2020 durch einen Täter, der im Vorfeld rassistische Inhalte in sozialen Netzwerken eingestellt und verbreitet hatte.

Über die Bundesregierung in den Bundestag

Die Stellungnahme des Bundesrates geht an die Bundesregierung, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dann dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Dieser hatte bereits am 6. Mai 2020 mit der ersten Lesung des Entwurfs begonnen.

Dazugehörige Drucksachen

Quelle: Bundesrat, 15.05.2020


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